Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat der Forderung seiner Parteikollegin Saskia Esken nach einer möglichen Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine eine Absage erteilt. "Es ist dazu jetzt alles gesagt, auch von mir", sagte der SPD-Politiker am Sonntag bei seinem Besuch in Chile. "Es ist eigenwillig, dass diese Debatte überhaupt geführt wird." Bei einem derart wichtigen Thema dürfe kein "Überbietungswettbewerb" entstehen, bei dem "innenpolitische Motive statt die Unterstützung der Ukraine im Vordergrund stehen", mahnte Scholz. Nötig sei stattdessen eine "seriöse Debatte, in der das entschieden wird, was zu entscheiden ist".
Nach den USA und Deutschland hatten in der vergangenen Woche auch andere NATO- und EU-Staaten zugesagt, der Ukraine Kampfpanzer zu liefern. In einer Videoansprache bat der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij daraufhin auch um Kampfflugzeuge. Es gehe nicht nur um ein paar Panzer, sagte Selenskij am Dienstagabend. Der Bedarf sei viel größer. In seinem Kabinett lösten sowohl die Zusage als auch die Worte des Präsidenten eine gewisse Erwartungshaltung aus. "Wir werden alles für die Rückeroberung unserer Gebiete und für die Gegenoffensive bekommen. Panzerfahrer werden sich freuen, ebenso wie Artilleristen und später auch Piloten", freute sich Selenskijs Kanzleichef Andrei Jermak auf Twitter. Vize-Außenminister Andrei Melnyk wurde noch deutlicher:
"Und nun, liebe Verbündete, lasst uns eine starke Kampfjet-Koalition für die Ukraine auf die Beine stellen, mit F-16 und F-35, Eurofightern und Tornados, Rafale und Gripen-Jets – und allem, was ihr der Ukraine liefern könnt."
Scholz und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) schließen eine mögliche Lieferung von Kampfflugzeugen jedoch kategorisch aus. Als kurz nach Kriegsbeginn über Flugverbotszonen diskutiert worden sei, hätten er und US-Präsident Joe Biden gesagt, dass Kampfflugzeuge nicht geliefert würden, erklärte der Kanzler am Mittwoch im Bundestag. "Das werden wir nicht tun. Und an dieser Haltung hat sich gar nichts geändert und wird sich auch nichts ändern."
Anders sieht dies jedoch SPD-Parteichefin Saskia Esken, die eine Lieferung von Kampfjets im Gegensatz zu ihren beiden Parteikollegen nicht kategorisch ausschließt. So sei zwar entscheidend, "dass Deutschland und dass auch die NATO nicht Kriegspartei wird", erklärte Esken am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Hinsichtlich der Diskussion über mögliche weitere Waffenlieferungen an die Ukraine komme es aber dennoch darauf an, die aktuelle Situation immer wieder neu zu bewerten, sagte die SPD-Politikerin.
Scholz betonte bei seinem Chile-Besuch angesichts der Aussagen seiner Parteikollegin am Sonntag daher erneut, dass die Bundesregierung sich seit Beginn des Krieges dafür eingesetzt habe, "dass es nicht zu einer Eskalation des Konfliktes" komme. "Denn das würde die ganze Welt in Mitleidenschaft ziehen, wenn das zu einem Krieg führte, der zum Beispiel zwischen Russland und NATO-Staaten geführt wird. Das wird nicht passieren, das werden wir mit aller Kraft verhindern, das haben wir auch die ganze Zeit verhindert und werden es weiter tun."
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