Enkelin von Holocaust-Opfer: "Russland wurde von den USA zu diesem Krieg gezwungen"

Auf der Demonstration vor dem Düsseldorfer Landtag gegen die Waffen- und Kampfpanzerlieferungen in die Ukraine sprach auch die Enkelin eines in Auschwitz getöteten Juden. Sie kam gerade von der Gedenkveranstaltung im NRW-Landtag. Deutschland habe moralisch nicht das Recht, sich an diesem Krieg zu beteiligen, mahnte sie.

Von Felicitas Rabe

Nach dem Beschluss der Bundesregierung, Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern, finden vielerorts Friedens- und Protestkundgebungen statt. Auch dem kurzfristigen Aufruf, vor dem Düsseldorfer Landtag gegen die deutschen Waffen- und Panzerlieferungen an die Ukraine zu protestieren, folgten am Freitagmittag rund 150 Menschen. Während im Landtagsgebäude eine Gedenkveranstaltung zum 78. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Sowjetarmee stattfand, wurde vor dem Nordrhein-Westfälischen Regierungssitz "gegen den Stellvertreterkrieg der NATO gegen Russland" protestiert.

In ihrer Eröffnungsrede forderte die Demo-Organisatorin den sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen in die Ukraine, die umgehende Aufnahme von Friedensverhandlungen, die Schließung des US-Luftwaffenstützpunkts Ramstein und das Ende der Sanktionen gegen Russland. "Nicht der Krieg, der Frieden ist der Vater aller Dinge", zitierte sie den früheren Bundeskanzler Willy Brandt.

Anschließend sprach die Friedensaktivistin Sandra Gabriel, die seit drei Jahren bundesweit Demonstrationen für den Erhalt der Grundrechte und für den Frieden organisiert. Sie erinnerte zu Beginn ihrer Rede an den 78. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee, der sich am 27. Januar jährte.  Ausgerechnet in diesen Tagen wurde die Lieferung von Kampfpanzern für den Krieg gegen Russland beschlossen.

Insbesondere prangert Gabriel in ihrem Vortrag die westlichen Medien an, die mit "hoch emotionalisierten Geschichten über den Verteidigungskampf des ukrainischen Volkes" die tatsächliche Lage in der Ukraine vertuschen würden. Gewalttaten faschistischer Kräfte gegenüber Oppositionellen, Menschenjagden auf ethnische Minderheiten, Überfälle des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes auf linke Journalisten – all das werde dem westlichen Zuschauer verschwiegen. "Allen Kriegen ist gemein, dass nie diejenigen zu leiden haben, die über Geld, Macht und Einfluss verfügen, sondern immer das einfache Volk", stellte die Friedensaktivistin fest und fügte hinzu:

"Wem die Ukrainer, die Zivilisten, die Russen und unser Land wirklich am Herzen liegen, sollte sich für ein schnelles Ende des Krieges und ein Ende der Waffenlieferungen einsetzen."

Beim "offenen Mikrofon" äußerten sich Kundgebungsteilnehmer teilweise sehr persönlich, warum sie sich gegen deutsche Waffenlieferungen engagierten. Ein Demonstrant erklärte:

"Mein Vater war in Stalingrad, er hat es gerade noch geschafft, dort rauszukommen. Für den Rest seines Lebens war er Friedensaktivist. Wenn er wüsste, dass Deutschland sich am Krieg gegen Russland beteiligt, er würde sich im Grabe umdrehen."

Auch eine deutsche Mutter, die befürchtete, dass ihre Söhne in einen Krieg gegen Russland geschickt werden, kam am Mikrofon zu Wort: "Meine Söhne sind jetzt 20 und 22 Jahre alt. Erst liefern sie Waffen, dann schicken sie unsere Söhne."

Schließlich sprach noch eine besonders eindrückliche Stimme vor dem Landtag: "Mein Name ist Leah Floh. Ich bin die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Mönchengladbach. Gerade komme ich von der Gedenkveranstaltung zum 78. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, die im Landtag stattgefunden hat. Mein Großvater wurde in Auschwitz ermordet."

"Deutschland hat moralisch nicht das Recht, irgendjemandem Waffen zu liefern", kritisierte die Enkelin eines Auschwitzopfers die deutsche Politik.

Im Gespräch mit RT erklärte Leah Floh, sie sei zufällig an der Friedenskundgebung vorbeigekommen, nachdem sie gerade im Landtag an der Gedenkveranstaltung für die Befreiung von Auschwitz teilgenommen habe. Es sei ihr ein spontanes Bedürfnis gewesen, auf der Demonstration zu sprechen. Im Interview betonte Floh noch einmal, dass Deutschland keinerlei moralisches Recht habe, irgendjemandem Waffen zu liefern.

Ursprünglich stamme sie aus dem russischen Ural und sei vor 30 Jahren nach Deutschland gekommen. Daher sei ihr ganz besonders wichtig zu vermitteln, dass sowohl die russische als auch die ukrainische Bevölkerung Frieden wollten:

"Die Russen wollen genauso Frieden wie die Ukrainer. Aber Russland wurde von den USA und dem Westen zu diesem Krieg gezwungen."

Abschließend appellierte Floh an die deutsche Verpflichtung, in der jetzigen Situation auf diplomatischem Wege alles für den Frieden zu tun. Angesichts der Lieferung deutscher Kampfpanzer in den Krieg gegen Russland, rief die Demo-Organisatorin am Ende der Veranstaltung die Teilnehmer auf, sich anlässlich der NATO-Sicherheitskonferenz am Samstag, dem 18. Februar, an der großen Friedensdemo in München zu beteiligen.

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