"Größter Lehrkräftemangel seit 50 Jahren" – Deutscher Lehrerverband fordert Notmaßnahmen

Der in Deutschland auch im Bildungswesen herrschende Mangel an pädagogischen Fachkräften hat zunehmend Auswirkungen auf die Zukunftschancen der Jugend und damit auf Deutschland. Der Deutsche Lehrerverband sieht kurzfristig nur Notlösungen, um etwas Abhilfe zu schaffen.

Der Fachkräftemangel in Deutschland stellt nicht mehr allein die Industrie vor Herausforderungen. Auch an deutschen Schulen fehlt geeignetes Personal in erheblichem Umfang. Bundesweit sind derzeit mehr als 12.000 Stellen im Schulwesen nicht besetzt, wie eine Umfrage vom RedaktionsNetzwerk Deutschland unter den dafür zuständigen Kultusministerien aller Bundesländer ergab. Der Deutsche Lehrerverband (DL) spricht sogar von dem "größten Lehrkräftemangel seit 50 Jahren". 

Dies habe erhebliche Auswirkungen auf die sinkenden Zukunftschancen der Jugend, kritisierte DL-Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger diesen Zustand im Gespräch mit der Rheinischen Post. Schuld am Lehrkräftemangel sei vor allem die seit Jahren verfehlte Bildungspolitik. In diesem Ressort habe es in den vergangenen 10 bis 15 Jahren viele Versäumnisse gegeben. "Zum einen wurde viel zu lange der seit 2012 beobachtbare Geburtenanstieg in Deutschland ignoriert, zum anderen wurde zugelassen, dass Abertausende von Lehramts-Studienplätzen in den letzten Jahrzehnten abgebaut wurden", erklärte Meidinger.

Seine Äußerungen machte der Lehrerverbandspräsident im Vorfeld der heutigen Kultusministerkonferenz (KMK). Dort beraten die dafür zuständigen jeweiligen Minister der Bundesländer heute über den Umgang mit dem akuten Lehrermangel. Mit seinen Sorgen hinsichtlich der mit dem Fachkräftemangel einhergehenden gravierenden Auswirkungen auf das deutsche Bildungssystem ist Meidinger längst nicht alleine. "Das Problem des Lehrkräftemangels wird aller Voraussicht nach in den kommenden 20 Jahren bestehen bleiben", mahnten auch Bildungswissenschaftler in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme zur KMK. Demnach bedrohe der Mangel die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung und beeinträchtige darüber hinausgehend auch die Qualität des Unterrichts. 

Und die Realität gibt den Bildungsexperten recht: In vielen Bundesländern würden wegen des Lehrermangels bereits Stunden gestrichen, kritisiert Meidinger. In manchen Bundesländern würden auch Eltern als "Schulhelfer" oder andere Nicht-Pädagogen wie sogenannte "Quereinsteiger" ohne tiefgreifende pädagogische Qualifikation eingesetzt. Nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sind bundesweit aktuell insgesamt 12.341 Stellen für Lehrer vakant. Der Deutsche Lehrerverband geht allerdings von einer größeren Anzahl offener Stellen aus. Laut Meidinger würde bei der Erfassung dieser Zahlen von den Kultesministerien "enorm geschönt und getrickst". Seiner Rechnung nach fehlten bundesweit eher zwischen 32.000 und 40.000 Lehrer.

Um den Auswirkungen dieses gravierenden Lehrermangels entgegenwirken zu können, empfiehlt der DL-Verbandspräsident daher Maßnahmen wie etwa die weitere Anwerbung und pädagogisch-fachliche Nachqualifizierung von Quereinsteigern, attraktive Beschäftigungsangebote an Lehrkräfte im Ruhestand und die Gewinnung von Lehramts-Studenten als Unterrichtsaushilfen.

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