Der erst am Donnerstag ernannte neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat große Pläne für die Bundeswehr. Auf seiner Rückfahrt vom US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein gab der Minister dem Springerblatt Bild am Sonntag (BamS) ein Interview, in dem er diese näher erläuterte. Pistorius hatte sich in Ramstein mit seinen westlichen Kollegen getroffen, um die weitere militärische Unterstützung der Ukraine zu koordinieren. Er sagte der Boulevardzeitung:
"Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in Europa, deswegen sollte es auch unser Ziel sein, die stärkste und am besten ausgestattete Armee in der EU zu haben."
Diese Aufgabe sei jedoch nicht innerhalb der nächsten drei Jahre zu bewerkstelligen. Für das langfristige Projekt will Pistorius allerdings die Weichen stellen. Die Aufgabe geht der frisch gebackene Minister unmittelbar an:
"Es muss jetzt alles gleichzeitig passieren: die Beschaffung von Waffen und Ausrüstung, die Modernisierung der Kasernen, die Personalgewinnung. Und: Die Truppe muss spüren, dass man ihr Vertrauen entgegenbringt und dankbar ist für das, was sie leistet."
Die Bundeswehr soll als Teil der Gesellschaft wahrgenommen werden. Bereits eine seiner Vorgängerinnen im Amt, Annegret Kramp-Karrenbauer, hatte sich das zur Aufgabe gemacht und für uniformierte Soldaten beispielsweise kostenloses Reisen in der Bahn durchgesetzt – mit dem Ziel, die Deutschen wieder an den Anblick des Militärs zu gewöhnen. Pistorius will diesen Kurs fortsetzen.
Bereits am Freitag verhandelte er in Ramstein über die Lieferung von Leopard-2-Panzern in die Ukraine. Deutschland hat bisher keine derartigen Lieferungen zugesagt. In Ramstein traf er auch seinen ukrainischen Amtskollegen Resnikow. Auf die Frage, wohin er als Erstes reisen wird, antwortete er der BamS:
"Das steht noch nicht endgültig fest. Sicher ist aber, dass ich schnell in die Ukraine reisen werde. Vermutlich sogar schon innerhalb der nächsten vier Wochen. In Ramstein habe ich am Freitag meinen ukrainischen Kollegen zu einem intensiven Austausch getroffen. Oleksij Resnikow ist ein ausgesprochen zugewandter, offener Mann, der genau weiß, was er will."
Er will vor allem deutsche Leopard 2. Um die Möglichkeit von Lieferungen zu ermitteln, hat der Minister jetzt angeordnet, die Anzahl der verfügbaren Panzer durchzählen zu lassen. Die Frage der Lieferungen werde eng mit den transatlantischen Partnern abgestimmt.
"Wir sind mit unseren internationalen Partnern, allen voran mit den USA, in einem sehr engen Dialog zu dieser Frage. Um auf mögliche Entscheidungen bestens vorbereitet zu sein, habe ich am Freitag mein Haus angewiesen, alles so weit zu prüfen, dass wir im Fall der Fälle nicht unnötig Zeit verlieren."
Der Arbeitsdruck ist von Anfang an hoch, Zeit zur Einarbeitung hat der neue Verteidigungsminister nicht. Sein Mobiltelefon, so Pistorius, sei rund um die Uhr eingeschaltet.
"Jetzt lasse ich mein Handy einfach auf laut. Als Verteidigungsminister bin ich rund um die Uhr im Dienst. Das ist auch in Ordnung. In Europa herrscht ein Krieg."
Mehr zum Thema – Macron: Russland ist eine große Nation – Der Westen muss Moskau entgegenkommen