Seit 1. Januar kommt über die Pipeline "Druschba" kein russisches Erdöl mehr an. Für die Region, aber auch die ostdeutsche Industrie ist das keine gute Nachricht, denn 95 Prozent aller auf Erdöl basierenden Kraftstoffe stammten aus Schwedt, genauso wie ein Viertel aller Erdöllieferungen der Bundesrepublik. Wirtschaftsminister Robert Habeck versprach neue Deals mit Polen und Kasachstan, doch bisher ist wenig konkret.
Wie die NachDenkSeiten berichten, kam zu Wochenbeginn der Energieausschuss des Bundestags zu einer nicht öffentlichen Sondersitzung zusammen. Das Thema lautete: "Bericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zur Versorgung Ostdeutschlands mit Erdöl ab Januar 2023, insbesondere der PCK Schwedt". Redakteur Florian Warweg sprach mit dem Vorsitzenden des Ausschusses, dem bayrischen Bundestagsabgeordneten Klaus Ernst (Die Linke), über den Stand der Dinge. Demnach gebe es derzeit überhaupt noch keine Verträge über neue Erdöllieferungen:
"Die Sondersitzung kam zustande, weil der Abgeordnete Christian Görke (ebenfalls Die Linke) in Kasachstan war und dort mit Gesprächspartnern erkundet hat, wie sieht es denn aus mit Öl-Lieferungen nach Deutschland. Bemerkenswert war, dass, im Gegensatz zu den Aussagen der Bundesregierung, insbesondere vom zuständigen Staatssekretär Michael Kellner, der Abgeordnete dann feststellen musste, dass noch gar keine Verträge oder schriftliche Vereinbarungen vorliegen, dass die Kasachen Öl an uns liefern. Das war der Ausgangspunkt."
Konkret bedeutet das:
"Ergebnis der Sitzung war, dass die Ölversorgung von Schwedt keinesfalls sicher ist, sondern lediglich 50 Prozent der Leistung geliefert wird, und zwar bisher ausschließlich über den Seehafen Rostock. Zudem wurde deutlich, dass auch mit den Polen noch keine Verträge abgeschlossen werden konnten. Da wurde dann nur davon gesprochen, dass möglicherweise Verträge von privaten Betreibern geschlossen wurden. Aber selbst da konnte die Bundesregierung nicht sagen, ob diese Verträge überhaupt existent sind."
Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) habe sich in der Sitzung laut Ernst "gewunden wie ein Aal", als es um die konkrete Ausgestaltung von Staatsverträgen über Erdöllieferungen ging. Ernst habe final den Eindruck, dass bisher nur etwa die Hälfte der alten Auslastung der PCK-Raffinerie von Schwedt gesichert sei ‒ was Kurzarbeit für die Mitarbeiter und Energieknappheit von Leuna bis Stralsund bedeutet. Laut Angaben des früheren brandenburgischen Finanzministers Christian Görke (Die Linke), der auch Mitglied des Energieausschusses des Bundestags ist, hat sich die Bundesregierung in der gesamten Angelegenheit nicht mit Ruhm bekleckert. Er betonte:
"Dass die Bundesregierung seit ihrem Verzichtsbeschluss (auf russisches Öl) im Mai keine konkrete Vereinbarung bis zum Jahresende hinbekommen hat, ist ein Trauerspiel."
Mehr zum Thema - PCK Schwedt ohne russisches Öl: Benzinknappheit und hohe Spritpreise im Osten