Ab 1. Januar 2023 wird in der Mineralölverbundleitung Schwedt die zweiten Stufe des Ölembargos gegen Russland in Kraft treten, wie der RBB berichtet. Dort kommt seit 60 Jahren die mehr als 5.000 Kilometer lange Erdölleitung "Druschba" (Freundschaft) an. Doch damit ist es dann vorbei. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Stadt und die Region:
So verdient man in der PCK-Raffinierie als Angesteller im Durchschnitt über 70.000 Euro im Jahr. Die Stadt rechnet laut Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe (SPD) für dieses Jahr mit 26 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen. 1200 Menschen arbeiten beim ehemaligen VEB Petrolchemisches Kombinat Schwedt. Hoppe meint:
"Der Erfolg und die gute Entwicklung, die Schwedt durchlaufen hat, sind natürlich zurückzuführen auf die gesicherte Versorgung über die Druschba-Pipeline – das ist gar keine Frage"
Wie sehr die Raffinerie mit der Region verbunden ist, zeigt sich in deren Sponsoring: Man unterstützt die Nachwuchsarbeit der Feuerwehr in der Stadt und örtliche Fußballmannschaften. Bereits kurz nach der Eröffnung im Jahr 1967 wurde ein internationaler Zeichenwettbewerb für Kinder entlang der Erdölleitung ins Leben gerufen, der bis heute existiert, auch mit der Unterstützung Russlands.
Bis vor wenigen Monaten wurde man im Rathaus nicht darüber informiert, welche Folgen die Sanktionen gegen Russland für die Schwedter Raffinerie und für die Stadt hätten und wie die bewältigt werden sollen. Was klar ist: In der strukturschwachen Uckermark ist der Betrieb einer der wenigen wirtschaftlichen Leuchttürme, ein vollständiger Verlust der Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen kommt einer Katastrophe gleich. Eine der Aktivisten, die Augenärztin Constanze Fischer, die seit fast 40 Jahren in der Stadt lebt, erklärte:
"Die Politik hat diesen Entschluss gefasst, ganz oben und aber noch gar nicht klargestellt, wie sie das hier unten ausgestalten will. Und deswegen dachte ich, da müssen wir ein bisschen Gesprächsboden bereiten"
Als Robert Habeck (Bündnis90/Die Grünen) Ende Juni in die Stadt kam, gab es wenig konkrete Zusagen und dafür wenig Applaus für den Wirtschaftsminister. Er sprach schließlich über seine Bemühungen um eine alternative Ölversorgung für die PCK-Raffinerie und erneuerte seine Zusage, dass die Bundesregierung für die Verluste aus diesen Geschäften aufkäme. "Die Zusage ist gegeben. Natürlich!", meinte Habeck.
Tatsächlich laufen seit einigen Tagen Verhandlungen mit dem kasachischen Unternehmen KazMunaiGas (KMG). Inwieweit die Bundesregierung beziehungsweise die möglichen Lieferungen aus Kasachstan auch nur ansatzweise die Lieferungen aus Russland und den daraus resultierenden Wohlstand ersetzen können, bleibt allerdings äußerst fraglich.
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