Bundeskanzler Olaf Scholz ließ es sich in einer Bundestagsdebatte am Mittwoch nicht nehmen, mal wieder gegen Russland und den russischen Präsidenten auszuteilen. Putin hätte sich "fundamental verrechnet", seine Strategie sei in der Ukraine gescheitert, sagte er vor den Abgeordneten in einer Regierungserklärung.
Der russische Präsident habe sowohl den Mut der Ukrainer als auch den Willen ihrer europäischen Verbündeten unterschätzt, gemeinsam gegen "Großmachtwahn und Imperialismus" einzustehen. "Das ist die wirkliche Geschichte dieses Jahres 2022", sagte Scholz. Russland stehe heute so isoliert da, wie nie zuvor.
Der Kanzler warf Putin vor, nun mit einer "furchtbaren und zugleich völlig verzweifelten Strategie der verbrannten Erde" auf seine Erfolglosigkeit im Krieg zu reagieren, indem er die Infrastruktur des Landes angreife. Auch das gehe jedoch nicht auf, weil "die Ukrainerinnen und Ukrainer zusammenstehen und standhalten." Scholz kündigte in seiner Regierungserklärung eine Fortsetzung des Sanktionskurses an. Der Druck auf Russland werde so lange erhöht, wie der Angriffskrieg gegen die Ukraine anhalte. Der Ukraine sagte er erneut – auch militärische – Unterstützung zu. Die Lieferung neuer Waffensysteme versprach er indes nicht.
Der "Oppositionsführer" Friedrich Merz griff Scholz dafür an, dass neue Waffensysteme nicht in größerem Umfang in die Ukraine geliefert werden. Der CDU/CSU-Fraktionschef forderte vom Bundeskanzler, der Ukraine die gewünschten Leopard-2-Kampfpanzer und Marder-Schützenpanzer zur Verfügung zu stellen.
Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla forderte dagegen ein Ende der Sanktionen gegen Russland. Deutschland als ein Land ohne Rohstoffe und mit hoher Inflation könne es sich gar nicht erlauben, ständig wirtschaftliche Sanktionen zu erlassen:
"Dieses Instrument schadet Deutschland ebenso nachhaltig wie seinen Bürgern. Und genau das muss ein Ende haben."
Das Außenministerium der Russischen Föderation veröffentlichte kurze Zeit später auf seiner Internetseite eine Erklärung zu einer bereits am 12. Dezember vor dem Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft gehaltene Rede von Olaf Scholz. Der deutsche Bundeskanzler, so die russische Sichtweise, versuche von seinen innenpolitischen Problemen abzulenken, indem er immer wieder Russland die Schuld für alle Widrigkeiten zuschiebe. Dabei ignoriere Scholz, dass es die deutsche Politik ist, die zu der aktuellen Situation maßgeblich beigetragen habe:
"Bundeskanzler Scholz hat es vorgezogen, nicht zu erwähnen, dass es die schlecht durchdachte Politik seines Kabinetts war, die zum Zusammenbruch der russisch-deutschen Wirtschafts- und Energiekooperation führte, die jahrzehntelang das Wachstum der deutschen Industrie sicherte. Er hat auch vergessen zu erwähnen, dass viele deutsche Unternehmen bereits ihre Produktionsstätten von Deutschland in die USA verlagern, weil die Preise für alle Arten von Energie in die Höhe schießen. Er hat nicht erklärt, warum Berlin schändlich und feige eine Untersuchung der Sabotage an Nord Stream-1 und Nord Stream-2 vermieden hat, durch die die deutsche Wirtschaft von direkten Lieferungen billigen russischen Erdgases abgeschnitten wurde."
Das "antirussische Sanktionsfieber", dem die deutsche Führung verfallen sei, treffe in erster Linie deutsche Unternehmen, so die Erklärung aus Moskau weiter. Außerdem erinnerte das russische Außenministerium daran, dass auch die für Russland unerträgliche Situation in der Ukraine ganz zentral durch die deutsche Regierung verschuldet worden sei:
"Vor allem aber hat Scholz, während er großspurig von angeblich rein humanitären und anderen Gründen für die Notwendigkeit, Russland in der Ukraine zu besiegen, sprach, mit keinem Wort erwähnt, dass seine Vorgängerin – Merkel – zugegeben hat, dass Berlin und andere westliche Hauptstädte die Minsker Vereinbarungen stets als Gelegenheit betrachtet haben, Zeit zu schinden, um Kiew auf einen Krieg gegen unser Land vorzubereiten."
Die gesamte Argumentation von Scholz zeuge von einer Krise im Verständnis der aktuellen Situation und fehlender strategischer Vision, resümiert das Außenministerium in Moskau.
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rt de / dpa