Heute Nachmittag zwischen 14 und 15 Uhr hat die App "StromGedacht" des Stromnetzbetreibers Transnet BW das erste Mal auf Rot geschaltet. Damit sollten die Verbraucher in Baden-Württemberg aufgefordert werden, in dieser Zeit weniger Strom zu verbrauchen.
Die App wird seit Mitte November vom Netzbetreiber angeboten. Nachdem der höhere Anteil erneuerbarer Energien zu einer zunehmend unzuverlässigen Stromversorgung geführt hat, sollen nun die Endverbraucher auf ein entsprechendes Signal hin ihren Verbrauch anpassen. Das Unternehmen fand für diese Abwälzung des Versorgungsrisikos auf die Verbraucher entsprechend freundliche Formulierungen: "Wir schaffen erstmals eine Möglichkeit für die Bevölkerung, den eigenen Stromverbrauch an die Situation im Stromnetz anzupassen. Dadurch können private Haushalte aktiv zur Systemstabilität beitragen." Das klingt, als sei es schon immer jedermanns Wunschtraum gewesen, sich Gedanken darüber zu machen, wann die Waschmaschine eingeschaltet werden darf (jenseits der Begrenzungen, die womöglich das Mietrecht setzt, und die nicht notwendigerweise mit den Vorgaben dieser App kompatibel sind).
Auch die baden-württembergische Umweltministerin Thekla Walker äußerte sich damals entsprechend: "Jede und jeder Einzelne kann dazu beitragen, Strom zu sparen: für die Versorgungssicherheit, für den Klimaschutz und – nicht zu vergessen –, um den eigenen Geldbeutel zu schonen. Die App StromGedacht ist dafür eine wertvolle Hilfe."
Obwohl im Norden Deutschlands derzeit vergleichsweise viel Windstrom erzeugt wird, liegt die Erzeugung im Süden im kritischen Bereich und es muss Strom importiert werden. "Die Order an die Schweiz war notwendig geworden, weil einige Reserve-Kraftwerke in der TransnetBW-Regelzone nicht verfügbar waren", äußerte der Netzbetreiber gegenüber der Presse. Ein Risiko eines Stromausfalls bestehe nicht; die Warnung ergehe nur, um die Kosten dieses Imports zu reduzieren.
"Mit der Warnstufe in der App will das Unternehmen daher vor allem die Kosten senken, die durch die Umstellung auf die erneuerbaren Energien ohne den dafür notwendigen Netzausbau entstehen. Die Verbraucher sollen diese Fehler beim Umbau der deutschen Stromversorgung nun durch Verbrauchsanpassungen ausgleichen." So die Kritik des Presseberichts. Die privaten Haushalte, die mit der App gewissermaßen mitverantwortlich gemacht werden, stehen allerdings nur für ein Viertel des gesamten Verbrauchs.
Bisher ist nur bei diesem einen Netzbetreiber eine solche App in Gebrauch; ob die übrigen drei Netzbetreiber in Deutschland nachziehen, wird sich zeigen. Angesichts der äußerst begrenzten Wirkung könnte man allerdings auch vermuten, dass die App letztlich dazu dienen soll, den Verbrauchern die Smartmeter genannten ferngesteuerten Stromzähler schmackhaft zu machen, die es erlauben, Strom einzuschränken oder abzuschalten, wie es gerade für das Netz nützlich ist. Die Smartmeter, deren Durchsetzung in der EU bereits vor Jahren beschlossen wurde, stoßen nach wie vor auf Widerstand in der Bevölkerung, unter anderem, weil dadurch höchst detaillierte Daten über den Haushalt erfassbar werden.
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