Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Verständnis für die Proteste in China wegen der scharfen Corona-Beschränkungen gezeigt. In einem Interview mit der Deutschen Welle appellierte er am Montag zugleich an die Regierung in Peking, die Demonstrationen zuzulassen. Alle erinnerten sich noch daran, "wie sehr die Maßnahmen im Kampf gegen Corona auch in Deutschland viele Menschen belastet" hätten, erklärte Steinmeier.
"Wir können nur erahnen, wie groß die Last für die Menschen in China ist, in der die Maßnahmen ja viel strikter, viel langanhaltender sind, bis heute reichen. Und deshalb habe ich Verständnis dafür, dass die Menschen ihre Ungeduld und ihre Klage auf den Straßen zeigen."
Steinmeier betonte, als "Demokrat" könne er nur sagen, "dass die Freiheit der Meinungsäußerung ein wichtiges Gut sei".
"Und ich kann das, was wir sehen, nur mit der Hoffnung verbinden, dass die staatlichen Behörden in China dieses Recht der freien Meinungsäußerung, der Demonstrationsfreiheit achten."
Außerdem hoffe er, dass die Demonstrationen friedlich bleiben. Weiterhin sagte Steinmeier, die Einordnung der Vorgänge in China sei wegen der wenigen vorliegenden Informationen noch sehr schwer.
"Aber natürlich verfolge ich das intensiv, und die Bilder, die uns aus Peking und mehreren chinesischen Städten erreichen, bewegen mich."
In den sozialen Medien kam Steinmeiers Sorge um das Demonstrationsrecht allerdings nicht so gut an: Zahlreiche Nutzer warfen Steinmeier und auch der Deutschen Welle Doppelmoral in Bezug auf Proteste gegen die Corona-Maßnahmen in der Bundesrepublik vor. So schrieb die Deutsche Welle, dass entsprechende Demonstrationen im Januar 2022 in Deutschland oft unerlaubt waren, während Steinmeier im Interview nun fordert, die Demonstrationsfreiheit zu achten.
Andere Nutzer erinnerten an andere Äußerungen Steinmeiers in der Corona-Krise, etwa, als er behauptete, dass Ungeimpfte "uns alle gefährden", oder daran, dass er die Demonstranten kritisierte und sagte, die Spaziergänge hätten "ihre Unschuld verloren".
Der Welt-Journalist Tim Röhn verglich die Situation allgemein und schrieb ironisch:
"Unsolidarische, rechtsextreme und wissenschaftsfeindliche Querdenker gefährden mit ihren Demonstrationen, bei denen brandgefährliche Aerosole freigesetzt werden, den Erfolg von Xi Jinping und seinem Team Vorsicht im Kampf gegen #Corona. #ZeroCOVID ist eine Öffnungsstrategie."
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