Zahl der Fälle von Gewalt an Frauen bleibt in Deutschland auf hohem Niveau

Die aktuellen Zahlen unterstreichen es erneut: Werden Fälle häuslicher Gewalt gemeldet, sind meist Frauen die Opfer und Männer die Täter. Zwar gibt es in den jüngsten Daten einen leichten Rückgang, doch jener trügt. Allein letztes Jahr wurden 113 Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet.

Die Gewalt in Partnerschaften wird in Deutschland weiterhin als "auf hohem Niveau" beschrieben. Dies bestätigen auch die jüngsten Daten des Bundeskriminalamts (BKA). Im vergangenen Jahr haben demnach fast 144.000 Menschen in Deuschland Gewalt von ihrem Partner oder Ex-Partner erfahren. Meistens trifft es Frauen, nämlich in drei von vier Fällen. Die Zahlen erfassen allerdings nur die bundesweit angezeigten Gewalttaten. Die Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. Zwar gibt es einen leichten Rückgang, den die Statistik für das Jahr 2021 ergeben habe, doch der Trend könnte nur ein vorübergehendes Tief sein.

Allein im vergangenen Jahr wurden insgesamt 113 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern getötet. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte diesbezüglich:

"Wenn Männer Frauen töten, weil sie Frauen sind, dann ist es angemessen und auch notwendig, von Femizid zu sprechen."

Die Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) sagte bei der Präsentation der aktuellen Zahlen: 

"Fast jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch ihren derzeitigen oder vorherigen Partner. Das ist die Realität."

Wie aus der BKA-Statistik hervorgeht, registrierten die Behörden für das letzte Jahr insgesamt 143.604 Opfer von Gewalt, die von Partnern oder Ex-Partnern ausging. Im Vergleich zum ersten Corona-Jahr 2020 ist die Zahl damit um drei Prozent zurückgegangen. Doch zwischen 2017 und 2021 stieg die Zahl der Betroffenen um 3,4 Prozent.

Der Statistik zufolge waren 80,3 Prozent der Betroffenen weiblich. Auch bei den Verursachern der Gewalt gibt es eine klare Geschlechtertendenz: Sie geht überwiegend von Männern aus (78,8 Prozent). 35 Prozent der Täter haben nicht die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Anteil weiblicher Tatverdächtiger ist in den vergangenen Jahren jedoch leicht gestiegen – auf nunmehr 21,2 Prozent (2020: 20,6 Prozent).

Die BKA-Daten beziehen sich auf Fälle, bei denen die Ermittlungen 2021 abgeschlossen wurden. Die Tat selbst kann dabei schon früher begangen worden sein – auch wenn der Großteil den Angaben zufolge tatsächlich 2021 begangen wurde (mehr als 139.000). Die Statistik lässt generell aber offen, ob Täter bestraft wurden, welche Strafen sie erfahren haben und ob Ermittlungen eventuell eingestellt wurden. Dazu erhoffe man sich künftig Erkenntnisse, betonte BKA-Präsident Holger Münch.

Mord, Totschlag, Bedrohung – Was bedeutet Gewalt in Partnerschaften genau?

Der Begriff Partnerschaftsgewalt umfasst sowohl psychische als auch physische Gewalt. In 59,6 Prozent der Fälle handelte es sich 2021 um vorsätzliche einfache Körperverletzung – beispielsweise Ohrfeigen oder Anspucken. Dahinter sind Fälle von Bedrohung, Stalking und Nötigung erfasst (24,2 Prozent) und an dritter Stelle die gefährliche Körperverletzung (12,2 Prozent). Laut Statistik wurden unter anderem auch 3.618 Opfer von sexuellen Übergriffen, sexueller Nötigung und Vergewaltigung sowie 1.728 Opfer von Freiheitsberaubung registriert. Aus den Zahlen geht auch hervor, dass 14 Männer von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet wurden. 

Derzeit gebe es 350 Frauenhäuser in Deutschland, sagte Bundesfamilienministerin Paus. Das sei aber viel zu wenig. Rund um die Uhr ist für betroffene Frauen in ganz Deutschland das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" erreichbar. Die Leiterin Petra Söchting berichtet, dass die Zahl der Anrufe im ersten Corona-Jahr 2020 um 15 Prozent gestiegen sei. Seitdem sei dieses höhere Niveau konstant geblieben.

Für betroffene Männer – immerhin knapp 20 Prozent – ist das Beratungsangebot im Vergleich noch ausbaufähig. Laut Ministerin Paus gebe es zwar ein Hilfetelefon für Männer, dies sei aber nicht rund um die Uhr erreichbar. Auch das solle sich perspektivisch ändern.

Trotz der hohen Zahlen seien häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt, Bedrohung und viele andere Formen von Gewalt immer noch Tabu-Themen, beklagte Brandenburgs Sozialministerin Ursula Nonnemacher gegenüber rbb. Die Grünen-Politikerin betonte

"Sie sind mit Scham besetzt. Frauen gehen nicht zur Polizei aus Angst vor den Tatpersonen oder aus Sorge, dass ihnen nicht geglaubt wird."

Sie forderte einen noch sensibleren Umgang der Behörden mit den Betroffenen und eine Verkürzung der Verfahren. 

Der 25. November ist seitens der Vereinten Nationen im Jahr 1999 zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen ausgerufen worden. Paus wies diese Woche darauf hin, dass es die Gewalt in der Partnerschaft überall gebe: "In der Mitte der Gesellschaft, genauso wie am Rand." Sie betonte zugleich auch, dass davon auszugehen ist, dass derzeit "zwei Drittel der weiblichen Opfer" nicht zur Polizei gehen.

(rt/dpa)

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