Seit dem 16. März müssen alle Angestellten, die in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen und Unternehmen tätig sind, theoretisch eine Corona-Impfung nachweisen. Bei fehlendem, unvollständigem oder ungültigem Impfnachweis sollte laut Vorgaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) eine Mitteilung durch den Arbeitgeber an das Gesundheitsamt erfolgen.
Die bindende Regelung ist in Paragraf 20a des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) geregelt und läuft theoretisch Ende des Jahres aus, sofern der Bundestag keine Verlängerung beschließen sollte. Laut Informationen des ARD-Hauptstadtstudios wird diese Möglichkeit nun wohl nicht mehr in Erwägung gezogen. So heißt es in dem diesbezüglichen Artikel:
"Wie das ARD-Hauptstadtstudio aus Kreisen des Bundesgesundheitsministeriums erfuhr, soll die einrichtungsbezogene Impfpflicht Ende des Jahres auslaufen. Das Ziel sei gewesen, dass sich Beschäftigte in bestimmten Einrichtungen impfen lassen, um die Gefährdung vulnerabler Gruppen zu verringern. Von dieser Wirkung sei aber bei der Zunahme der Corona-Variante BQ.1.1 nicht mehr auszugehen."
Laut der Süddeutschen Zeitung betrachtet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die wesentlich von ihm eingeforderte Regelung inzwischen als "nicht fortsetzungswürdig" und "medizinisch kaum noch zu rechtfertigen". Sie wird daher laut dem Artikel "am 31. Dezember auslaufen".
Die bisherige Regelung sah vor, dass die Gesundheitsämter Tätigkeits- oder Betretungsverbote für Beschäftigte von Kliniken oder Pflegeeinrichtungen aussprechen können, sollten diese auch nach Aufforderung keinen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen oder kein Attest haben, das sie von einer Corona-Impfung befreit. Im Rahmen dieser rigiden Regelung kam es immer wieder zu Kritikäußerungen seitens der Arbeitgeber, unter anderem wegen des Aufwands bei der Durchsetzung der Impfpflicht. Zudem wurde durch diese Regelung der sowieso knappe Personalbestand diverser Einrichtungen im Land künstlich forciert. Die Pflegebevollmächtigte des Bundes, Claudia Moll (SPD), kommentierte dazu im Oktober:
"Ein Herauspicken einzelner Gruppen, von denen sich einige dann nachvollziehbar stigmatisiert fühlen, halte ich für keinen guten Weg."
Im Oktober erhielt Lauterbach die Aufforderung vierer Gesundheitsminister, aus den Bundesländern Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen, zeitnahe Sicherheiten für die benötigte Planungsunsicherheit zu geben. Die Forderung bezog sich auf die weiterhin ausstehende Mitteilung, ob die Teil-Impfpflicht fortgeführt werden wird. Aus den Reihen des Koalitionspartners FDP gibt es bereits länger Forderungen, diese Regelung auslaufen zu lassen.
Zu den nun bekannt gewordenen Details und einer entsprechenden Begründung aus dem BMG heißt es in dem Artikel:
"Die Grundlage für die Teil-Impfpflicht sei bei einer 'mehr oder weniger komplett immunevasiven Variante' nicht mehr gegeben. Das Auslaufen wird also medizinisch begründet, weil die neue Variante ersten Erkenntnissen zufolge stärker der Immunabwehr entgeht. Das heißt, mehr Menschen, die geimpft oder genesen sind, erkranken an Corona. Auch schützt die Impfung dann noch weniger davor, das Virus zu übertragen."
Lauterbach erkennt weiterhin, ausgehend von möglichen unbekannten "Varianten-Wirkungen", in rein spekulativ angekündigten "Herbst- und Winterwellen" sich anbahnende Probleme im Umgang mit dem Thema. Zu der Realität der nachweislich bedingten Effektivität der eingesetzten mono- wie bivalenten Impfstoffe und dem daraus resultierenden Ende einer argumentativen Impfpflicht gibt es weiterhin keinerlei Äußerungen. Gewohnt direkte Worte fand er jedoch zur Diskussion um die Beendigung der ebenfalls im IfSG verankerten Isolationspflicht nach positivem Corona-Bescheid. So schrieb Lauterbach am 12. November auf Twitter:
" (...) Niemand will mit Corona Infizierten den Arbeitsplatz teilen (...)."
Im Juni hatte Lauterbach Pflegekräfte beschimpft, die sich aus individuellen Gründen gegen eine COVID-19-Impfung entschlossen hatten, auf einer Demonstration für bessere Arbeitsbedingungen und gegen die Existenz der geltenden einrichtungsbezogenen Impfpflicht mit der Feststellung:
"Diejenigen, die hier gegen die Impfung protestieren, haben dazu (der Pflegebelastung in der Corona-Krise) keinen Beitrag geleistet und sollten eigentlich nicht hier sein. Sie haben kein Recht, hier zu sein. (...) Ihre Arbeit hat keinen Beitrag geleistet."
Der Deutsche Pflegerat spricht demgegenüber im Rahmen der Gesamtdiskussion zum Thema der einrichtungsbezogenen Impfpflicht von einer "Zweiklassengesellschaft". Die Impfpflicht könnte dem Rat nach "nicht verlängert werden". In einer Veröffentlichung vom 16. November heißt es dazu:
"Die einrichtungsbezogene Impfpflicht muss zum Ende des Dezembers 2022 auslaufen. Nichts anderes macht Sinn. Wer mit dem Schutz der Patienten und Pflegebedürftigen argumentiert, verkennt, dass die berufliche Pflege nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie Experten in Fragen des Infektionsschutzes und der Hygiene sind."
Bezüglich der auch extern der Branche geführten Diskussion wird daher festgestellt, dass "die Kompetenz zur Erstellung und Einhaltung der Hygienekonzepte in den Einrichtungen bei den beruflich Pflegenden liegt und ihnen auch überlassen werden muss". Darüber hinaus verbiete sich "die Einmischung von außen in die Kernkompetenzen unseres Berufsstandes", so der Deutsche Pflegerat in seiner Mitteilung. Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, begrüßte das angekündigte Ende der einrichtungsbezogenen Impfpflicht für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen. "Die Impfung schützt vor schweren Krankheitsverläufen und Tod, aber nicht vor Weitergabe des Virus. Deshalb lief die einrichtungsbezogene Impfpflicht von Anfang an ins Leere", so Brysch gegenüber dem Handelsblatt.
Die zweite "Krankenhausbasierte Online-Befragung zur COVID-19-Impfung" bei Bediensteten ergab Anfang Oktober eine Impfquote bei 91 Prozent des teilnehmenden Krankenhauspersonals und 94 Prozent bei der Ärzteschaft. Die genannten Hauptgründe "gegen eine Impfung" waren laut Angaben des RKI "die Furcht vor bleibenden Schäden, die Sorge, dass die neuen Impftechnologien nicht sicher sein könnten, der Wunsch, noch abwarten zu wollen und die Furcht vor starken Nebenwirkungen" (wiedergegeben wie im Original).
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