Aufgrund der chaotischen Zustände bei der Bundestagswahl im September vergangenen Jahres soll die Wahl nach dem Willen der Ampel-Fraktionen in 431 Bezirken in Berlin wiederholt werden. In einer Erklärung der Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer Katja Mast (SPD), Irene Mihalic (Bündnis90/Die Grünen) und Johannes Vogel (FDP) vom Mittwoch heißt es, dass der Wahlprüfungsausschuss des Parlaments an diesem Donnerstag eine entsprechende Empfehlung an den Bundestag ausspreche. In den Bezirken, in denen die Wahl wiederholt wird, soll dies mit den gleichen Wahlzetteln wie bei der ursprünglichen Wahl (sofern vorhanden) erfolgen.
Dies würde konkret bedeuten, dass die Berliner erneut eine Erst- und eine Zweitstimme abgeben könnten. Die Koalitionsfraktion hat damit ihre bisherige Ansage geändert: Bisher hieß es, dass nur in rund 300 Wahlbezirken erneut gewählt werden soll und auch dies nur mit der Zweitstimme. Aber auch die neue Ansage bleibt weit hinter der Forderung des Bundeswahlleiters zurück, die Wahl in sechs der zwölf Berliner Wahlkreise, die in insgesamt 2256 Wahlbezirke unterteilt sind, komplett zu wiederholen.
Der Obmann der Union im Wahlprüfungsausschuss, Patrick Schnieder, warf der Ampel deshalb vor, dass es ihr "in erster Linie um parteipolitische Erwägungen geht". Erst habe sich der Ausschuss auf eine Wiederholung in rund 440 Wahlbezirken geeinigt. Die Ampel habe die Zahl dann auf rund 300 reduziert und nun kommt sie doch fast wieder auf die ursprüngliche Zahl zurück. Gegenüber der Welt sagte Schnieder:
"Hier wird so lange an den juristischen Stellschrauben gedreht, bis das politische gewünschte Ergebnis herauskommt. Das grenzt an Willkür."
Die drei Ampel-Vertreter erklärten hingegen, dass man die Bundestagswahl nur dort wiederholen wolle, "wo tatsächlich Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme aufgrund von festgestellten Wahlfehlern nicht abgeben konnten".
"Vermutungen über sonstige Wahlfehler in nicht vom Bundeswahlleiter angegriffenen Wahlbezirken rechtfertigen nach unserer Auffassung keine Wahlwiederholung."
Zudem müsse man auch die Erfordernisse des Bestandschutzes abwägen, heißt es in einer Erklärung:
"Rund 70 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben ihre Stimme abgegeben. Deren gültiges Votum gilt es ebenfalls zu respektieren."
Die drei Vertreter der Ampel erklärten zudem, dass es keinen Vertrauensverlust hinsichtlich der Stimmabgabe geben dürfe. Alles andere würde "der Demokratie insgesamt schaden".
Derzeit sind die Auswirkungen der Wahlwiederholung noch offen. Die Vorsitzende des Wahlprüfungsausschusses, Daniela Ludwig (CSU), sagte der dpa am Mittwoch, dass es unterschiedliche Szenarien gebe. So könne es passieren, dass weniger Berliner Abgeordnete im Bundestag sitzen oder das ein Abgeordneter aus einem anderen Bundesland wieder aus dem Parlament fliegt. Dies sei bisher aber rein spekulativ.
Viele kaum verständliche Probleme hatten bei der letzten Bundestagswahl am 26. September 2021 bundesweit für Kritik gesorgt. In Berlin wurden an diesem Tag zudem das Berliner Abgeordnetenhaus und die zwölf Bezirksverordnetenversammlungen gewählt. Das sorgte insbesondere in der Bundeshauptstadt für Chaos. In zahlreichen Wahllokalen sahen sich die Wahlberechtigten mit unzumutbaren Warteschlangen, kurzfristigen Verlegungen der Wahllokale und fehlenden Stimmzetteln konfrontiert. Mancherorts ist die Stimmabgabe im vergangenen Herbst sogar noch während der ersten Ausstrahlung der Wahlprognosen nach 18 Uhr möglich gewesen, obwohl die Wahllokale deutschlandweit traditionell um 18 Uhr schließen.
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(rt de/dpa)