Wie zu erwarten war: BSI-Chef Schönbohm "mit sofortiger Wirkung" freigestellt

Wie sich bereits in den letzten Wochen abgezeichnet hatte, wurde Arne Schönbohm, bisher Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), heute von seinen Aufgaben entbunden. Dem Behördenchef werden mögliche Kontakte nach Russland vorgehalten.

BSI-Präsident Arne Schönbohm stand wegen angeblich mangelnder Distanz zu russischen Geheimdienstkreisen über den als umstrittenen bezeichneten Verein "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland" in der Kritik. Wer seine Nachfolge antreten soll, ist laut Innenministerium, zu dessen Geschäftsbereich das BSI gehört, noch nicht bekannt. Das Bundesamt hatte seit Monaten wegen einer vermeintlich erhöhten Gefährdungslage wegen des Ukrainekriegs gewarnt. Jetzt sind Schönbohm seine seit langem bestehenden, wohl eher indirekten Kontakte nach Russland zum Verhängnis geworden, weshalb er seinen Posten verlor, wie der Spiegel "aus Sicherheitskreisen" erfahren hat.

Keine konkreten Vorwürfe

Die Tagesschau zitiert dazu einen Sprecher des Ministeriums, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) habe beschlossen, Schönbohm "die Führung der Dienstgeschäfte als Präsident des BSI mit sofortiger Wirkung zu untersagen". Allerdings waren Schönbohms Verbindungen zu russischen IT-Kreisen dem Bundesinnenministerium längst bekannt.

Auf Schönbohms eigene Veranlassung wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Gegenüber dem Spiegel erklärte der bisherige Behördenleiter dazu:

"Mir ist bislang nicht bekannt, was das Ministerium geprüft hat und wie die konkreten Vorwürfe gegen mich aussehen."

Tatsächlich scheint es in der Sache keine neuen Erkenntnisse zu geben, allerdings dürfte sich die politische Bewertung des Falles Schönbohm im Innenministerium geändert haben. Ministerin Faeser sei von Schönbohm immer weiter abgerückt, wie es heißt. Ins Rollen kam die Kampagne gegen Schönbohm nach einem Beitrag in der "Satire"-Sendung ZDF Magazin Royale von Jan Böhmermann.

Was das Verhältnis von Schönbohm zu dem von ihm selbst mitgegründeten Verein "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland" und dessen Vorsitzendem Hans-Wilhelm Dünn betrifft, scheint es wenig Neues zu geben. Auch Dünn werden seine Russland-Kontakte vorgehalten. So soll er sich als Wahlbeobachter auf Einladung der Staatsduma zu den Präsidentschaftswahlen in Russland aufgehalten haben. Außerdem soll Dünn ein Kooperationsabkommen mit einem russischen Partnerverein unterzeichnet haben, der zu dem Zeitpunkt von einem russischen Geheimdienstmitarbeiter geleitet worden sein soll.

Mit Wissen und Genehmigung des Innenministeriums

Zwar hatte Schönbohm den BSI-Mitarbeitern per Weisung verboten, an Veranstaltungen des Vereins "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland" teilzunehmen. Allerdings hatte Schönbohm selbst an einer Tagung des Vereins zu seinem zehnjährigen Bestehen – Schönbohm zählt schließlich zu den Mitgründern – teilgenommen und dort sogar eine Rede gehalten. Beides mit Genehmigung des Bundesinnenministeriums vom 24. August durch Faesers Staatssekretär Markus Richter.

Das RND berichtet, dass in CDU/CSU-Kreisen von einem "Bauernopfer" die Rede sei, während aus dem Innenministerium am Dienstag verlautete, die Entscheidung sei "auch aus Fürsorge für die im Fokus der Debatte stehende Person selbst" erfolgt. Sie liege auch im Interesse der über 1.500 Mitarbeiter des BSI, die so unbeeinträchtigt "von personellen Spekulationen" ihren Aufgaben nachgehen können sollen.

In jedem Falle würden "alle bekannten Vorwürfe gründlich und mit Nachdruck geprüft und einer eingehenden Bewertung unterzogen". Das Ministerium betonte, dass bis zum Abschluss der Prüfungen für Schönbohm "selbstverständlich" die Unschuldsvermutung gelte.

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(rt/dpa)