Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht die deutschen Krankenhäuser vor schwere Zeiten. Er sehe die reale Gefahr, dass wegen der Energie- und Inflationskrise auch Krankenhäuser pleitegehen könnten, sagte der Minister in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" am Sonntag-Abend.
Lauterbach sagte in der Sendung:
"Wenn wir da nicht schnell und auch wirklich drastisch reagieren, kommt es zu Schließungen."
Er werde diesen Dienstag mit Bundesfinanzminister Christian Lindner über mehr staatliche Hilfen für die Kliniken verhandeln, fügte er hinzu. Er könne jedoch bis dahin "keinerlei Größenordnung" bezüglich der Höhe der Hilfen geben, so der Minister weiter.
Zu Forderungen, dass es für die Krankenhäuser in Deutschland eine Art "Sonderfonds", ähnlich wie das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für das Militär, geben soll, reagierte Lauterbach ablehnend. "Wir können nicht für jeden Bereich ein Sondervermögen einführen", so der Minister. Denn, so Lauterbach weiter: "Es muss ja auch alles abgezahlt werden."
Hintergrund der Äußerungen von Lauterbach sind Forderungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft nach schnellen Hilfen durch die Politik. Die Gesellschaft befürchtet sonst Schließungen zahlreicher Krankenhäuser. Der sogenannte Gaspreisdeckel ab März kommenden Jahres, eine Preisobergrenze von zwölf Cent für eine Menge von achtzig Prozent des Vorjahresverbrauchs, sei keine angemessene Hilfe für die Krankenhäuser.
"Ganz drastische Liquiditätsproblematik"
Laut der Deutschen Krankenhausgesellschaft summiert sich die Finanzierungslücke bei Sachkosten und Energie auf rund fünfzehn Milliarden Euro in den Jahren 2022 und 2023. Zu dieser Schätzung erklärte der Bundesgesundheitsminister, dass er die Rechnung zwar kenne, sie aber nicht nachvollziehen könne. Denn so Lauterbach:
"Das würde ja bedeuten, dass die Deutsche Krankenhausgesellschaft in der Lage ist abzuschätzen: Wie teuer ist es denn nächstes Jahr das Gas, wie teuer ist der Strom."
Das wisse doch jetzt ehrlicherweise niemand, so Lauterbach. Sicher sei hingegen, "dass die Krankenhäuser in den nächsten Monaten in eine ganz drastische Liquiditätsproblematik kommen".
Die Inflationsrate in Deutschland stieg im September auf 10,9 Prozent. Die Inflationsrate habe damit "einen historischen Höchststand seit der deutschen Wiedervereinigung" erreicht, erklärte das Statistische Bundesamt (Destatis). Grund seien "enorme Preissteigerungen" bei Energieprodukten und Nahrungsmitteln.
Das deutsche Energieunternehmen EnBW AG kündigte am Dienstag an, dass die Gaspreise für Haushalte ab dem 1. Dezember erneut um durchschnittlich 38 Prozent steigen werden. Die letzte Erhöhung liegt nur drei Monate zurück.
Schon seit Längerem warnen führende deutsche Wirtschaftswissenschaftler davor, dass die steigenden Gaspreise die größte Volkswirtschaft der Europäischen Union in eine Rezession treiben könnten. Laut den Experten wird Deutschland im nächsten Jahr zu den Ländern gehören, die am stärksten von der weltweiten Konjunkturabschwächung betroffen sein werden.
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