In der letzten Zeit gibt es wieder vermehrt Kritik am Einsatz der COVID-19-Impfstoffe. Auch wenn einige Mediziner dieser Kritik nicht zustimmen und die Meinungen unter den Fachleuten teils auseinandergehen, so herrscht doch in einem Punkt Einigkeit: Fast alle fordern unabhängige Studien, die zur Zulassung der COVID-Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna führten. Diese Studien sind zwar veröffentlicht, allerdings beinhalten sie nicht die Primärdaten. Die Pharmakonzerne haben somit die Hoheit über die Interpretation der Daten.
Indes sprechen auch die veröffentlichten Daten nicht unbedingt für die Corona-Impfstoffe: So hatte der Mediziner und Senior Editor des British Medical Journal, Peter Doshi, in einer Re-Analyse der bereits veröffentlichten, bearbeiteten Daten deutlich mehr schwere Impfnebenwirkungen festgestellt als offiziell angeben. Demnach ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis der mRNA-Vakzine negativ (RT DE berichtete). Wie Doshi im Interview mit der Welt weiter ausführte, ergaben sich bei BioNTech/Pfizer 18 und bei Moderna sieben Fälle mit schweren Komplikationen – darunter vor allem Herzschädigungen und Thrombosen.
Doshi räumte allerdings auch ein, dass die Aussagekraft der Analyse beschränkt sei, da sie beispielsweise keine Aussagen zu den Altersgruppen beinhalte. Hierzu bräuchte man detaillierte Daten zu Versuchspersonen, die in den Primärdaten zu finden wären.
Das Problem dabei: Die Hersteller halten diese Daten unter Verschluss, Anfragen auf Einsicht werden abgelehnt. Laut Doshi habe Pfizer im Studienprotokoll geschrieben, dass man die Daten qualifizierten Wissenschaftlern zwei Jahre nach Abschluss der Studie zugänglich machen würde.
"Das wäre der Mai 2023 gewesen. Vor kurzem hat Pfizer das Datum jedoch um neun Monate hinausgeschoben. Begründung: Eine einzige von rund 44.000 Personen, die an der Studie teilnehmen, sei erst im April 2022 zum zweiten Mal geimpft worden. Das verzögere nun alles. Auch Moderna hat das ursprünglich erwartete Abschlussdatum vom 27. Oktober auf den 29. Dezember 2022 verlegt. […] Die Geheimhaltung von Daten ist inakzeptabel. Da steht die Frage im Raum, wie Regierungen solche Produkte empfehlen oder gar anordnen können."
Und weder die Europäische Arzneimittelbehörde EMA noch die US-amerikanische Behörde FDA können oder wollen bei der Frage nach den Primärdaten weiterhelfen. Auf eine Anfrage der Welt erklärte die EMA, man habe alle klinischen Daten veröffentlicht, die als Teil des Antrags auf bedingte oder vollständige Zulassung eingereicht wurden. Primärdaten wie das Alter oder Vorerkrankungen der Versuchsteilnehmer finden sich jedoch nicht darunter. Der Pharmakonzern BioNTech verweist seinerseits auf den "Datenschutz" und hat erklärt, man könne "Informationen, die unter den Datenschutz von persönlichen und Patientendaten fallen, nicht offenlegen."
In Deutschland ist das Paul-Ehrlich-Institut für die Erfassung von Impfnebenwirkungen zuständig. Die Behörde nutzt dabei die Meldungen von Ärzten, verweist aber auch darauf, dass man für bessere Analysen Daten der Patienten bräuchte, vorzugsweise von Krankenkassen. Viele Ärzte geben zudem an, dass sie aufgrund des Arbeitsaufwands Nebenwirkungen der Corona-Impfung oft nicht melden würden. In der Wissenschaft sorgt das fragwürdige Verhalten der Pharmakonzerne daher zunehmend für Kritik: So erklärte der Charité-Immunologe Andreas Radbruch, das kritische Prüfen von Daten sei Grundlage der Wissenschaft:
"Daten unter Verschluss zu halten oder den Zugang zu erschweren, lässt den Verdacht aufkommen, die Impfstoffe könnten nicht so sicher sein wie behauptet. Die Einsicht sollte zumindest Fachleuten möglich sein."
Der Virologe Alexander Kekulé ist gar der Ansicht, dass die Primärdaten eine Art öffentliches Gut seien:
"Dass die Pharmahersteller die Daten nicht herausrücken, ist nicht zu rechtfertigen. Bei einem exotischen Impfstoff, der nur selten verimpft wird, kann man möglicherweise darüber hinwegsehen. Aber bei einem Massenimpfstoff wie den mRNA-Vakzinen muss man darauf bestehen."
Der Epidemiologe Klaus Stöhr wiederum appelliert, dass staatliche Stellen die Studien beauftragen, durchführen und überwachen müssten. Er erklärt:
"Angesichts des Drucks des Gesundheitsministers und der sich mehrenden Hinweise auf einen potenziell größeren Schaden als Nutzen des Impfstoffes für die jüngere Generation wäre es grob fahrlässig, den Hinweisen aus der Studie von Peter Doshi nicht systematisch nachzugehen."
Und auch Jörg Meerpohl, Mitglied der Ständigen Impfkommission, fordert den Zugang zu "allen relevanten Daten aus allen klinischen Studien" – da er bezweifelt, dass das vorliegende Material ausreicht.
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