Ulrich Schneider ist seit über zwanzig Jahren Geschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und war seit dem Jahr 2016 Mitglied in der Partei Die Linke. Am 12. September teilte Schneider auf seinem Twitter-Profil mit, dass ihm die letzte Rede der Parteikollegin Sahra Wagenknecht im Deutschen Bundestag mehr als missfallen hätte. Für ihn könne nur ein Parteiaustritt die entsprechende Reaktion darstellen. Schneider ließ in seinem Beitrag wissen:
"Da es ohnehin schon Kreise zieht: Dass die Linksfraktion am letzten Donnerstag im Bundestag Sahra Wagenknecht ans Podium ließ, und was diese dann – man hätte es wissen müssen – vom Stapel ließ, war zu viel. Ich bin aus der Partei Die Linke ausgetreten."
Unmittelbar im Anschluss kommentierten diverse Die Linke-Mitglieder, wie auch andere Politprominenz, die Verkündung von Ulrich Schneider. Bundestagsmitglied Kathrin Vogler reagierte mit der Feststellung:
"Auch ohne Parteibuch wird Ulrich Schneider einer der profiliertesten linken Kritiker der Ampel-Regierung bleiben. Aber Die Linke muss endlich die nötigen Konsequenzen ziehen, um ihm und vielen anderen wieder politische Heimat sein zu können."
Tobias Schulze, Die Linke-Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus bemerkte:
"So bitter. Vielleicht schaffen wir es gemeinsam, den Laden zu verändern und zu modernisieren. Von außen und von innen."
Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags und Grünen-Mitglied Göring-Eckardt äußerte sich in einem Kommentar gleich mit zu ihrer Wahrnehmung hinsichtlich Wagenknechts Redebeitrag:
"Danke, dass du das so klar benennst. Mich hat diese Rede fassungslos gemacht, aber auch das, was Klaus Ernst (immerhin für die Linke Ausschussvorsitzender) im gleichen Kontext sagt ..."
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zollte Schneider ebenfalls Respekt:
"Eine konsequente Haltung. Respekt. Für mich war Ulrich Schneider, auch bei gelegentlichen Meinungsverschiedenheiten, immer ein Sozialexperte mit hoher Integrität. Solche Leute sollten auch andere linke Parteien erwägen."
Sonja Lemke, Die Linke-Mitglied im Dortmunder Stadtrat fragte Schneider in ihrem Twitter-Kommentar: "Kommst du wieder, wenn sie gegangen wird?" Niema Movassat, ein Parteikollege aus Berlin und ehemaliger Bundestagsabgeordneter, lässt wissen:
"Lieber Ulrich, deine Entscheidung ist nachvollziehbar und macht mich dennoch unendlich traurig. Die Partei muss es endlich schaffen, Wagenknecht und ihre Gang in die Schranken zu weisen, wenn sie Leute wie dich halten und eine starke linke, attraktive Partei werden will."
Sahra Wagenknecht hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer Rede zum Etatentwurf seines Ministeriums scharf attackiert und ihm unter anderen einen "beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten" vorgeworfen, um unmissverständlich klarzustellen:
"Wir haben die dümmste Regierung in Europa – Herr Habeck, treten Sie zurück."
Movassat legte in einer Twitter-Antwort noch nach und teilte dem Nutzer mit:
"Bin für Rauswurf (Wagenknechts). Sehe aber die hohen rechtlichen Hürden. Realistisch wäre der Ausschluss aus der Bundestagsfraktion."
Caren Lay, Bundestagsmitglied und Sprecherin ihrer Fraktion für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik, kommentierte ebenfalls den Tweet von Schneider:
"Lieber Ulrich! Eine Entscheidung, die mich unendlich traurig macht! Mit Dir verlieren wir einen der Besten, eine wichtige Brücken in die Zivilgesellschaft. Die Entscheidung, Wagenknecht reden zu lassen war die fatalste von vielen falschen Entscheidungen, es macht mich fertig." [sic]
Cornelia Möhring, eine weitere Bundestagsabgeordnete von Die Linke, informierte auf Twitter über vorherige parteiinterne Diskussionen zu einem Redebeitrag von Wagenknecht:
"Aber es trifft zu: Wagenknecht hat sehr deutlich und transparent vorher gesagt, worüber sie reden wird. ... es war also vorher klar und wurde anscheinend einkalkuliert. Gegen die vorgebrachten Einwände von Teilen der Fraktion" [sic]
Auch Parteimitglied Halina Wawzyniak äußerte sich zu Schneiders Mitteilung: "Das ist zwar verständlich, aber sehr sehr sehr sehr bitter und Schade." [sic] Bis zum jetzigen Zeitpunkt liegt noch keine offizielle Reaktion Wagenknechts zum Parteiaustritt von Ulrich Schneider vor. Die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan hatten nach der mehrheitlich parteiintern kritisierten Rede von Sahra Wagenknecht im Bundestag zu "Geschlossenheit aufgerufen und vor einer Gefährdung der Partei gewarnt".
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