Russischer Botschafter: Deutschland hat rote Linie überschritten

In einem Interview mit der Zeitung Iswestija vertritt Sergej Netschajew, der Außerordentliche und Bevollmächigte Botschafter der Russischen Föderation in Deutschland, die Auffassung, dass Deutschland mit der Lieferung tödlicher Waffen an Kiew eine rote Linie überschritten habe.

Die Lieferung tödlicher Waffen durch Deutschland an die Ukraine ist für den Botschafter der Russischen Föderation gleich in mehrfacher Hinsicht problematisch. Netschajew führt aus:

"Die Tatsache, dass tödliche deutsche Waffen sich nicht nur gegen russische Soldaten, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung des Donbass richten, ist eine rote Linie, welche Deutschland nicht hätte überschreiten sollen."

Es gebe eine aus den Verbrechen Hitlerdeutschlands resultierende moralische Verantwortung Deutschlands gegenüber dem russischen Volk, meint der Diplomat. 

Nach seinen Worten sei das Vollpumpen der Ukraine mit Waffen, wie es die angelsächsichen NATO-Verbündeten von Deutschland forderten, ein Weg ins Nichts, der nur die Anzahl der Opfer erhöht.

Der Prozess der Aussöhung zwischen den Völkern der Russischen Föderation und Deutschlands sei inzwischen einer "Erosion" ausgesetzt. Der russische Botschafter sieht auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die aggressive Rhetorik der deutschen Politik gegenüber Russland in der nächsten Zukunft ändern werde. 

Dass er damit nicht falsch liegt, belegen Artikel über den Botschafter selbst in Deutschland. Das Web-Portal web.de publizierte erst im Juli anlässlich der Abberufung des umstrittenen ukrainischen Botschafters Andrei Melnyk einen Artikel, in welchem dem russischen Botschafter Lügen vorgeworfen werden. Ein Vorwurf, der dabei anderen erhoben wurde, ist, der Botschafter kommuniziere klar auf der Kreml-Linie. Forderungen an ihn, sich von Putin und dem Krieg in der Ukraine zu distanzieren, sei er nicht nachgekommen. Man könne an den Äußerungen des Botschafters zudem nicht erkennen, ob er seine eigene oder die Meinung des Kremls vertritt. 

Web.de legt faktisch eine Auswechslung des russischen Botschafters in Berlin nahe: 

"Warum sich über die zu forschen Forderungen des ukrainischen Botschafters Melnyk mehr echauffiert wurde als über die offensichtlichen Lügen des russischen Botschafters und dessen Verdrehung der Wahrheit, liegt vielleicht auch an dem unterschiedlichen medialen Interesse an den beiden Personen. Melnyk saß zu Hochzeiten in jeder Talkshow dieses Landes und wiederholte seine Forderungen nach noch mehr Waffen. Netschajew zog es hingegen vor, sich vom kremlnahen TV-Sender RT Deutsch interviewen zu lassen und trat sonst lediglich in regionalen Tageszeitungen in Erscheinung. Letztlich zu erklären ist es trotzdem nicht, weshalb die Kritik an den Aussagen des russischen Botschafters verhältnismäßig gering bleibt. Vielleicht hoffen manche Politiker und Kommentatoren doch noch darauf, dass Netschajew sein Gewissen entdeckt und sich vom russischen Angriffskrieg distanziert. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist allerdings verschwindend gering, dafür hat er bereits zu viele Möglichkeiten verstreichen lassen."

Dass es die vornehmliche Aufgabe jedes Botschafters ist, die Position der Regierung seines Landes – und nicht seine persönlichen Ansichten – zu kommunizieren, verschweigt web.de geflissentlich.

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