Robert Habeck zur drohenden Pleitewelle: "Also, das ist dann ja keine klassische Insolvenz"

Der Vize-Bundeskanzler und Bundesminister für Wirtschaft, Robert Habeck, sieht aktuell keine Gefahr einer drohenden Insolvenzwelle in Deutschland. Seine Erklärungen im Rahmen einer Talkshow irritieren Bürger und Wirtschaftssachverständige.

Robert Habeck (Grüne) war zu Gast in der ARD-Talksendung Maischberger. Dort sollte sich der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz zum Thema einer sich immer mehr abzeichnenden Pleitewelle in Deutschland äußern. Prominente jüngste Beispiele sind die Unternehmen Hakle (Papierindustrie) und das Schuhhandelsunternehmen Goertz. Habeck antwortete auf die Frage von Moderatorin Sandra Maischberger, ob er zum Ende des Jahres mit einer Insolvenzwelle für Deutschland rechne, mit der gefühlten Wahrnehmung:

"Nein, das tue ich nicht. Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erst mal aufhören zu produzieren. Nicht insolvent werden (...) Ich weiß aus alter Welt, dass die Brötchen bei Bäckern und die Brötchen in den Discountern ungefähr doppelt so teuer sind. Und wenn die Preise relativ steigen, dann erhöht sich der Abstand."

Zur Entwicklung daraus resultierender Dynamiken und Effekte für die Gesellschaft führt der Vize-Kanzler weiter aus:

"Und dann werden, das sehen wir ja jetzt überall, dass Läden, die darauf angewiesen sind, dass die Menschen Geld ausgeben – Blumenläden, Bioläden, Bäckereien gehören dazu – dass die wirkliche Probleme haben, weil es eine Kaufzurückhaltung gibt.

Und dann sind die nicht insolvent, automatisch, aber sie hören vielleicht auf zu verkaufen."

Auf das fast empörte Nachhaken der Moderatorin, dass diese Anzeichen doch nun eindeutige und unmissverständliche Warnmerkmale einer drohenden Insolvenz darstellen würden, erklärte Habeck dem Millionenpublikum:

"Man würde dann insolvent werden, wenn man mit der Arbeit immer größeres Minus macht."

Auf das erneute Nachfragen einer sichtlich verwirrten Moderatorin ("(...) ich hab's noch nicht verstanden?") ergänzte der leitende Wirtschaftslenker der Bundesrepublik Deutschland:

"Ich weise darauf hin, dass es nicht automatisch eine Insolvenzwelle geben muss, aber es kann sein, dass sich bestimmte Geschäfte nicht mehr rentieren und die dann eingestellt werden. Vielleicht werden sie später wieder aufgenommen, das kann ja sein. Das ist ja dann keine klassische Insolvenz, aber es kann sein, wenn wir keine Abhilfe schaffen, dass Betriebe – Bäckereien, Handwerksbetriebe, Reinigungsfirmen und so weiter – über das Jahr die wirtschaftliche Betätigung einstellen."

Diese Realität stelle "eine Gefahr" dar und dieser "müssen wir begegnen", so der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz abschließend zum Themenkomplex einer drohenden Insolvenzwelle zum Jahresende 2022 in Deutschland. Die Moderatorin kommentierte final die Erklärungsversuche Habecks mit der Bemerkung: "Also, ich glaube, den Punkt muss man sich tatsächlich noch einmal überlegen. Ich habe das Gefühl, die richtige Antwort ist da noch nicht gefallen bei Ihnen."

Nicht nur Maischberger zeigt sich irritiert. Beobachter in den Sozialen Netzwerken fühlte man sich an einen alten Monty-Python-Sketch erinnert: "Der Papagei ist nicht tot, der ruht sich nur ein bisschen aus."

Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) teilte am Dienstag mit, dass die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland im August dieses Jahres bei 718 und somit gut ein Viertel (26 Prozent) über dem Vorjahreswert lag. Für Oktober ließen "die Frühindikatoren bereits deutlich höhere Insolvenzzahlen erwarten, die etwa ein Drittel über denen vom Oktober 2021 liegen könnten", so Einschätzungen des Leibniz-Instituts laut der FAZ.

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