Eine umfassende Energiekrise könnte den deutschen Industriesektor ernsthaft gefährden, da die Hersteller von Autoteilen, Chemikalien und Stahl mit Energiepreisen kämpfen, die fast jeden Tag neue Höchststände erreichen, berichtete Bloomberg am Freitag.
"Die Energieinflation ist hier viel dramatischer als anderswo", sagte Ralf Stoffels, Vorstandsvorsitzender von BIW Isolierstoffe, einem Hersteller von Silikonteilen für die Automobil-, Luftfahrt- und Haushaltsgeräteindustrie.
"Ich befürchte eine allmähliche Deindustrialisierung der deutschen Wirtschaft", fügte er hinzu.
Berichten zufolge haben sich die Preise für Gas und Strom in Deutschland in den letzten zwei Monaten mehr als verdoppelt.
Anfang dieser Woche erreichte der europäische Benchmark-Strompreis ein Rekordhoch von mehr als 500 Euro (509 Dollar) pro Megawattstunde, was einem Anstieg von über 500 Prozent seit dem vergangenen Jahr entspricht.
Am Freitag wurden die europäischen Erdgas-Futures an der TTF-Börse mit rund 242 Euro pro Megawattstunde gehandelt, zehnmal so viel wie im August 2021.
"Die Preise stellen für viele energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, eine große Belastung dar", zitierte Bloomberg Matthias Ruch, den Sprecher des weltweit zweitgrößten Chemieproduzenten Evonik Industries.
Die Gaslieferungen aus Russland, Deutschlands größtem Energielieferanten, sind in den letzten Monaten aufgrund von technischen Problemen – bedingt durch die mit der Ukrainekrise verbundenen Sanktionen – stetig zurückgegangen.
Um die Krise in den Griff zu bekommen, hat die deutsche Regierung die Bürger zur Senkung ihres Energieverbrauchs aufgefordert. Empfohlen wird unter anderem ein eingeschränkter Gebrauch von Klimaanlagen oder die Reduzierung des Warmwasserverbrauchs. Berlin hat zudem Schritte zur Wiederbelebung von Kohlekraftwerken unternommen und eine zusätzliche Abgabe auf den Gasverbrauch erhoben.
Übersetzung aus dem Englischen
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