Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki hat sich angesichts der sich anbahnenden Gasmangellage in Deutschland für eine Öffnung der Ostseepipeline Nord Stream 2 ausgesprochen. "Wir sollten Nord Stream 2 jetzt schleunigst öffnen, um unsere Gasspeicher für den Winter zu füllen", forderte Kubicki im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND):
"Der Bundeswirtschaftsminister muss alles dafür tun, dass wir mehr Energie zur Verfügung haben."
Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages fordert vor dem Hintergrund der Gaskrise, auch weiterhin Gas aus Russland zu beziehen. Dem FDP-Politiker zufolge gebe es "keinen vernünftigen Grund, Nord Stream 2 nicht zu öffnen". Sollte der russische Präsident Wladimir Putin dann doch nicht mehr Gas liefern, habe Deutschland auch nichts verloren. "Kommt auf diesem Weg mehr Gas bei uns an, vielleicht sogar die komplette vertraglich zugesicherte Menge, wird das helfen, dass Menschen im Winter nicht frieren müssen und unsere Industrie nicht schweren Schaden nimmt", so Kubicki:
"Dafür zu sorgen, ist jetzt die oberste Pflicht der Bundesregierung."
Genau dies sei auch der Grund, weshalb andere Pipelines aus Russland nicht gekappt worden seien, erklärte der FDP-Vize. "Wenn die Gasspeicher gefüllt sind, können wir Nord Stream 2 ja wieder schließen – und die anderen Pipelines auch, wenn wir unabhängig geworden sind. Aber das sind wir nun mal noch nicht." Dass sich Deutschland Gas aus Russland liefern lasse, "wird doch nicht besser oder schlechter, weil es aus der einen oder der anderen Pipeline kommt", argumentierte Kubicki:
"Gas aus Nord Stream 2 ist nicht unmoralischer als aus Nord Stream 1. Es ist nur eine andere Röhre."
Auf die Frage, ob Putin die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 angesichts der derzeit bestehenden politischen Differenzen mit Deutschland nicht als großen Erfolg ausschlachten würde, entgegnete der Bundestagsvizepräsident, alles, was dafür sorge, dass mehr Gas hier ankomme, nütze Deutschland mehr als Putin. "Der größte propagandistische Erfolg für Putin wäre es im Übrigen, wenn uns das Gas ausgeht, während er noch gut an uns verdient hat. Das gilt es zu verhindern."
Vor dem Hintergrund der gedrosselten Lieferungen durch Nord Stream 1 hatte Putin die bisher noch nicht freigegebene Pipeline Nord Stream 2 im Juli erneut ins Spiel gebracht. Diese könne in Betrieb genommen werden, so der russische Präsident. Die Bundesregierung lehnt eine solche Inbetriebnahme allerdings weiterhin ab. Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist bisher nicht genehmigt, ein Zertifizierungsverfahren war im Februar noch vor Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine gestoppt worden. Über Nord Stream 1 strömen derzeit nur rund 20 Prozent der sonst möglichen Gasmenge.
Der russische Energiekonzern Gazprom hatte seine Gaslieferungen über Nord Stream 1 im Juni heruntergefahren und dies mit technischen Problemen aufgrund einer fehlenden Turbine begründet, die mit anderen zusammen den Druck zum Durchpumpen des Gases erzeugt.
Angesichts der derzeitigen Versorgungsstörungen warb Kubicki ferner dafür, die Möglichkeiten des Frackings auch in Deutschland auszuloten, um unabhängiger von Erdgaslieferungen zu werden. "Fracking kann über Jahrzehnte einen erheblichen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland leisten", erläuterte der FDP-Politiker. Beim sogenannten Fracking wird Gas mithilfe von Druck und umstrittenen Chemikalien aus Gesteinsschichten gewonnen. Die Methode ist in Deutschland angesichts erheblicher Bedenken verboten, nur Probebohrungen sind erlaubt.
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