Ein Deutschland ohne Gas aus Russland ist ein anderes. Dass es teuer wird, haben alle bereits gemerkt, und das bringt die Menschen laut Verbraucherschützern zur Verzweiflung, wie die Vorsitzende der Verbraucherzentrale Bundesverband, Ramona Pop, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin sagte.
"Sie fragen: Wie soll man tatsächlich über diesen Herbst und Winter kommen?"
Und diese Frage scheint umso berechtigter, da es womöglich nicht nur unerschwinglich sein wird, sondern regional sogar zu Gasmangel kommen könnte, wie der Chef der Bundesnetzagentur Klaus Müller dem Nachrichtenportal T-Online in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview ankündigte:
"Vermutlich wären die Einschränkungen erst einmal temporär und können auch wieder enden oder mehrfach auftreten."
In diesem Fall müsse man dafür sorgen, dass Gas gut durchs Land transportiert werde. Das Szenario eines regionalen Gasmangels sei wahrscheinlich, sagte Müller.
"Womöglich aber läuft es sogar etwas besser." Dafür müsste gewährleistet sein, dass die Gasimporte im kommenden Jahr größer ausfallen – als Beispielszenarien nennt Müller, dass die zwei zusätzlichen privaten Flüssiggasterminals so früh wie möglich fertig sind oder Deutschland zusätzliches Gas aus Frankreich bekäme. "Dann könnten wir davon ausgehen, dass wir unsere Speicher nächsten Sommer wieder schneller füllen können."
Die von der Politik erhoffte über 90-prozentige Befüllung der Speicher vor diesem Winter ist laut Müller unwahrscheinlich. "Einen durchschnittlichen Füllstand von 95 Prozent zum 1. November verfehlen wir in all unseren Szenarien. Das werden wir kaum hinkriegen, weil einzelne Speicher von einem sehr niedrigen Füllstand gestartet sind."
Inwieweit LNG oder europäische Nachbarländer als alternative Quellen in Frage kommen, muss sich wohl noch zeigen. Denn der Plan, dass in Wilhelmshaven und in Brunsbüttel schwimmende LNG-Terminals in Betrieb gehen sollen, stellte in der Planung frühestens zum Frühjahr 2024 "voll ausgelastet" Gas zur Verfügung.
Mit einer jährlichen Regasifizierungskapazität von bis zu 12,5 Milliarden Kubikmetern bieten die Terminals laut dem Bundeswirtschaftsministerium eine direkte Möglichkeit, Erdgas für den deutschen Markt aus Regionen zu beziehen, die durch Gasleitungen nicht zu erreichen seien. Allerdings ist die Menge vergleichsweise gering. Durch Nord Stream 2 wären pro Jahr 55 Milliarden Kubikmeter Gas nach Deutschland geflossen.
Frankreich beispielsweise orientiert sich im Moment umgekehrt wohl an Deutschland als Bezugsquelle für Strom. Der Branchenverband Zukunft Gas jedenfalls vermutet als Grund für die im Vergleich zum Vorjahresmonat höhere Stromproduktion von Gaskraftwerken eine stark erhöhte Stromnachfrage aus dem westlichen Nachbarland, in dem derzeit zahlreiche Atomkraftwerke nicht am Netz sind, sowie aus der Schweiz, wo es ebenfalls Probleme mit der Kernkraft gab und zudem wegen der Dürre weniger Strom aus Wasserkraft produziert werden kann.
Der tschechische Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela bat derweil angesichts einer möglichen Gasnotlage die privaten Haushalte um Solidarität, Verständnis und Hilfsbereitschaft, damit die Wirtschaft und wenigstens ihre Grundlagen funktionieren.
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