Da die bereits historisch hohe Inflation durch die scheinbar endlos steigenden Energiekosten weiter angefacht wird, ist derzeit mit Blick auf den Winter die nahezu fertiggestellte, aber kürzlich als begraben erklärte Nord-Stream-2-Pipeline wieder im Gespräch.
Auch wenn derzeit optimistisch von einem vergleichsweise hohen Gasspeicherstand berichtet und bis November 95 Prozent angestrebt werden, ist diese Marke nicht sicher zu erreichen. Bei normalen Temperaturen und den reduzierten Gaslieferungen über Nord Stream 1 kann das gespeicherte Gas schon im März oder April aufgebraucht sein, warnt beispielsweise Sebastian Bleschke, Geschäftsführer des Speicherverbandes INES. Sollten die Gasimporte verringert werden, könnte dies schon früher der Fall sein. Und selbst die bei einem Füllstand von 95 Prozent gespeicherte Gasmenge entspricht dem bundesweiten Verbrauch von zwei Wintermonaten.
Vor dem Hintergrund extremer Preissteigerungen in verschiedenen Bereichen, die vor allem durch die Energiekostenexplosion getrieben werden, fordert der Vorsitzende des Energieausschusses im Deutschen Bundestag, Klaus Ernst (Die Linke), dass die Bundesregierung Nord Stream 2 wieder als Option nutzt.
"Die Energiesanktionen gegen Russland erweisen sich als schwerer Fehler!"
Das schreibt und begründet Ernst in einem Artikel in der Berliner Zeitung. Es sei richtig, unter anderem Erneuerbare Energien auszubauen und die Energieimporte zu diversifizieren.
"Aber die Energieversorgung der größten Volkswirtschaft Europas mal aufs Spiel zu setzen ist Harakiri, schadet Bürgern und Industrie und hilft der Ukraine in keiner Weise," so der frühere Linke-Parteichef.
Zugleich werde das Ziel der Sanktionen verfehlt, da Russland bereits Exportmöglichkeiten in Indien und China erschlossen hat und seinen Leistungsbilanzüberschuss im ersten Halbjahr 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum verdreifachen konnte.
"Dass der Krieg durch unsere Sanktionen schneller zu Ende geht, ist nicht zu erwarten."
Während die von den Grünen mitgestaltete Politik negative Auswirkungen auf die Klimaziele in Kauf nehme, führten weder die Debatte um Laufzeiten für Atomkraftwerke zu einer Lösung des Problems noch die Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken, da die zusätzlich gewonnene Energie russische Energie nicht ersetzen könne, erklärt Ernst. Die Energieversorgung könne eher in direkten Gesprächen mit Russland sichergestellt werden.
"Es erweist sich als politische Dummheit, Verträge mit Russland durch eigene Sanktionen zu brechen, gleichzeitig aber Vertragseinhaltung durch Russland zu erwarten."
Dass Moskau die Lieferungen überhaupt fortsetze, sei somit eher verwunderlich.
"Nord Stream 2 darf dabei kein Tabu sein!"
Durch eine Vereinbarung mit Russland könnte die Energieversorgung stabilisiert, das Angebot erhöht und damit sinkende Energiepreise erzielt werden. Diese Option scheint nicht nur Klaus Ernst zu favorisieren. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage hätten zwei von drei Deutschen kein Problem mit Gas aus Nord Stream 2.
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