In einem Schließfach des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs wurden mehr als 200.000 Euro gefunden, die womöglich mit dem Cum-Ex-Skandal und der Hamburger Warburg-Bank in Verbindung stehen. Nun steigt auch der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Doch nach Angaben seines Regierungssprechers Steffen Hebestreit will dieser nichts von dem Geld in Kahrs' Schließfach gewusst haben.
Hebestreit macht keine weiteren Angaben zu dem Fall und verwies darauf, dass der Bundeskanzler voraussichtlich nächste Woche im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft dazu als Zeuge vernommen werde. "Dort wird alles, was sachdienlich zu sagen ist, behandelt werden" so Hebestreit.
Zuvor hatten Oppositionspolitiker aus der CDU und der Linken gefordert, dass Scholz zu den neuesten Erkenntnissen Stellung nimmt. Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß erklärte dem Spiegel:
"Es ist überhaupt nicht klar, woher Kahrs das Geld bekommen und inwiefern das sozialdemokratische Netzwerk in Hamburg von diesen Vorgängen profitiert hat. Hier ist auch die SPD auf Bundesebene in der Pflicht, die Dinge endlich aufzuklären."
Der Linken-Politiker Fabio De Masi, der sich in seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter und auch noch heute intensiv mit dem Fall beschäftigt, bezeichnete das Schließfach als "sozialen Sprengstoff für den Bundeskanzler". Auf Twitter schrieb er:
"Entweder Kahrs weist die Herkunft des Geldes nach oder er beruft sich auf sein Recht zu schweigen aufgrund der gegen ihn laufenden Cum-ex-Ermittlungen."
In letzterem Fall liege es nahe, dass das Geld mit den Cum-Ex-Deals in Verbindung stehe, dann habe "auch der Bundeskanzler ein Problem". CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte dem Tagesspiegel:
"Der Bundeskanzler kann sich jetzt nicht mehr durch Aussitzen aus der Affäre ziehen. Scholz muss Kahrs dazu auffordern, die Herkunft des Geldes zu belegen."
Ob das Geld mit den Cum-Ex-Deals zusammenhängt, ist bisher unklar. Genau genommen ist der Besitz an sich nicht illegal. Die für die Ermittlungen zuständige Staatsanwaltschaft äußerte sich bisher ebenso wenig dazu wie Kahrs selbst.
Die Steueraffäre rund um die Warburg-Bank, die in den Cum-Ex-Skandal verwickelt war und die in einem Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden soll, kocht nun wieder hoch. Auch auf Scholz steigt nun der Druck: In seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister soll er sich 2016 und 2017 mehrfach mit den Gesellschaftern der Bank, Christian Olearius und Max Warburg, getroffen haben. Scholz hatte erklärt, sich nicht an die Treffen erinnern zu können, eine politische Einflussnahme schloss er jedoch aus.
Bei Cum-Ex-Geschäften verschoben Finanzakteure Aktienpakete mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch rund um den Dividenden-Stichtag in einem vertrackten System und ließen sich dann Steuern mehrfach erstatten. Der Hamburger Untersuchungsausschuss soll eine mögliche Einflussnahme führender SPD-Politiker auf Steuerentscheidungen bei der in den Skandal verstrickten Warburg-Bank klären.
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