Der Deutsche Mieterbund rechnet angesichts der horrenden Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs damit, dass jeder Dritte in Deutschland im kommenden Winter nicht in der Lage sein wird, anfallende Rechnungen für Energielieferungen zu begleichen. "Das sind verdammt viele Menschen", erklärte Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, dem Tagesspiegel. Davon seien vor allem Menschen betroffen, die knapp oberhalb jeder staatlichen Transferleistung liegen. "Wir sprechen hier über Millionen", so Siebenkotten.
Das liegt vor allem daran, dass die Gas- und Strompreise zuletzt wieder stark gestiegen sind. Neben den hohen Energiepreisen sehen sich die Verbraucher in Deutschland ab Herbst zudem mit empfindlichen Mehrbelastungen aufgrund der beschlossenen Gasumlage zur Entlastung der Energieversorger konfrontiert. Mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden könnten auf eine vierköpfige Familie somit schnell gar Mehrkosten von bis zu 1.000 Euro pro Jahr zukommen.
Die infolge verminderter Gaslieferungen aus Russland stark gestiegenen Einkaufspreise sollen die Konzerne so an alle Gasverbraucher weitergeben können. Bis zu 90 Prozent ihrer Mehrkosten dürfen sie demnach künftig umlegen. Die Umlage kommt zu den normalen Preiserhöhungen dazu, die nach und nach greifen.
Dabei haben viele Energieunternehmen ohnehin bereits ihre Kosten erhöht. So auch der Energiekonzern EnBW. Erst vergangene Woche kündigte das Unternehmen an, die Preise für Verbraucher im Durchschnitt um 31,1 Prozent zu erhöhen. Laut einer Analyse des Vergleichsportals Verivox seien die Energiepreise in den vergangenen zwölf Monaten so stark gestiegen wie nie zuvor. Der durchschnittliche Strompreis für Haushalte liegt aktuell bei rund 42 Cent pro Kilowattstunde.
Der Mieterbund fordert daher mehr staatliche Hilfen. "Man müsste die Einkommensgrenzen für Menschen, die Wohngeld beanspruchen können, deutlich erhöhen", sagte Siebenkotten. Die Grenze solle dabei bei einem Haushaltsnettoeinkommen von 5.000 Euro im Monat liegen. Zudem müssten eine jährliche Heizkostenpauschale und eine Klimakomponente in das Wohngeld eingebaut werden, erklärte der Mieterbundpräsident. Mit einer solchen könnten etwa Mietsteigerungen im Anschluss an eine energetische Sanierung aufgefangen werden.
"Die Verbraucherinnen und Verbraucher wissen nicht, worauf sie sich einstellen müssen", sagte die Chefin der Verbraucherzentrale, Ramona Pop, in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
"Viele fragen sich, ob sie es sich überhaupt leisten können, im Winter zu heizen."
Die Menschen in Deutschland litten unter Existenzängsten, so Pop.
Für Menschen, die die hohen Kosten im Winter nicht zahlen können, fordert der Mieterbund außerdem einen Kündigungsschutz und eine zweijährige Stundung der Schulden. Man muss Mieter auch vor Kündigungen schützen, wenn sie erhöhte Vorauszahlungen nicht leisten können", erklärte Siebenkotten. Der Vorschlag der SPD, die nur einen sechsmonatigen Kündigungsschutz nach Erhalt der Betriebskostenabrechnung einführen will, ginge ihm deshalb nicht weit genug. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte kürzlich eine Reform des Wohngelds als Entlastungsmaßnahme der Regierung angekündigt.
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