Eine Ärztin aus dem bayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen hatte im ersten Corona-Jahr 2020 in vermutlich 309 Fällen Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht ausgestellt. Aufgrund von entsprechenden Meldungen und polizeilichen Untersuchungen wurden bereits im Juli 2020 daraufhin ihre Praxis- und Privaträume durchsucht. Der Vorwurf an die im Anschluss daran weiterhin praktizierende Medizinerin lautete im aktuellen Gerichtsverfahren, dass sie "Befreiungen von der Maskenpflicht ausgestellt" hatte, ohne die jeweiligen Patienten einer ausreichenden Anamnese und ärztlichen Untersuchung unterzogen zu haben, heißt es in der Berichterstattung von BR24.
So soll die Beklagte auch mehrfach ein entsprechendes Attest "als Gegenleistung für eine Spende an eine örtliche Corona-Protestgruppe" ausgestellt haben. Laut Darstellungen des zum Werbekonzern Stroer Media gehörenden Onlinedienstes t-online waren die Ermittler über die Datenabfrage des Spendenkontos auf die Namen und Daten von "Attest-Kunden" gestoßen. Das zuständige Amtsgericht verurteilte die Ärztin nun zu zwei Jahren Freiheitsstrafe und drei Jahren Berufsverbot. Zudem wurden 6.000 Euro, die dem Spendenkonto zugeordnet werden konnten, eingezogen. Die Verteidigung der Ärztin hatte auf Freispruch plädiert.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hielt dagegen der Medizinerin im Plädoyer laut t-online vor,
"... mit ihrem Vorgehen auch mögliche Infektionsketten ausgelöst zu haben, die bis hin zum Tod von Menschen geführt haben könnten."
Die Direktorin des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen, Christine Schäfer, ließ mitteilen, für eine Verurteilung ohne Bewährung sei maßgeblich gewertet worden, dass die Beklagte auch nach den ersten Ermittlungen weitere Gesundheitszeugnisse ausgestellt hatte. Schäfer wörtlich:
"Der Richter habe keine Reue und Einsicht festgestellt und damit keine günstige Prognose für die Zukunft stellen können."
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die nächste Instanz wird sich auch damit zu befassen haben, ob das Amtsgericht gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen hat und ob Maskenatteste auch von der bis 2021 geltenden alten Fassung des § 278 StGB betroffen waren. Die angeklagten Taten der Ärztin ereigneten sich im ersten Corona-Jahr 2020. Zu diesem Zeitpunkt galt jedoch noch die alte Rechtsordnung zu falschen Attesten. Erst im Zuge der Ereignisse in der COVID-19-Pandemie wurde der Paragraf 278 des Strafgesetzbuchs zu "unrichtigen Gesundheitszeugnissen" aktualisiert und mithin verschärft und gilt daher in seiner Neufassung erst seit November 2021. In dem nun novellierten Gesetzestext mit einem das Strafmaß verschärfenden, neuen Absatz (2) für gewerbsmäßige Täter oder als Mitglied einer Bande heißt es jetzt:
"(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr als Arzt oder andere approbierte Medizinalperson ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen ausstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren ..."
Bis November 2021 dagegen lautete der nun zugrunde gelegte Paragraf 278 vollständig noch mit Bezug auf Behörden und Versicherungsbetrug:
"Ärzte und andere approbierte Medizinalpersonen, welche ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft wider besseres Wissen ausstellen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."
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