Elf Ärzte und Wissenschaftler, darunter Klinik-Direktoren, Chefärzte, Medizinstatistiker, Lungenfachärzte, Internisten und Philosophen, veröffentlichten auf ihrer Webseite einen Beitrag mit dem Titel: "Haben wir es geschafft? Kein COVID-19 mehr – nur noch 'Omikronitis'!" Zu den Autoren gehören unter anderemDr. med. Thomas Voshaar, Prof. Dr. med. Matthias Schrappe, Prof. Dr. rer. Gerd Antes und Dr. Gerhard Scheuch, ein Aerosolforscher.
Die genannten Autoren beteiligten sich regelmäßig in den letzten zwei Jahren in Form von Positionspapieren und medialen Statements an der öffentlichen Debatte der Corona-Diskussion. Zu Beginn der Veröffentlichung heißt es zur Motivation des Beitrags:
"Wir möchten auf Grundlage unserer langjährigen beruflichen und wissenschaftlichen Erfahrung Bürgern und Politik rationale und realistische Entscheidungshilfen in einer vorher so nie gekannten Gesundheitskrise anbieten. Unser Ziel: Durch Einordnung von Fakten Angst reduzieren, wirkungsvolles Handeln ermöglichen und so unserer Verantwortung als Experten gerecht werden."
Die Autoren erkennen in der Gesellschaft einen "Ermüdungseffekt durch ständige Alarm-Warnungen bei zunehmendem Vertrauensverlust in Politik und Medizin". Gesundheitsminister Karl Lauterbach rechtfertigte aktuell seine persönliche Sicht auf aktuelle Dynamiken in der Corona-Krise. Der Berliner Tagesspiegel zitiert ihn in einem Artikel mit der Überschrift "Lauterbach warnt vor Unterschätzen von Corona-Infektionen" mit den Worten, dass wenn ein kommendes Herbstvirus käme, das "die Ansteckung der BA.5-Variante mit dem schweren Verlauf einer Delta-Variante verbände, dann wäre das eine Killer-Variante". Die elf Autoren halten dieser Einschätzung entgegen, dass "alle Hochrechnungen zum Pandemieverlauf gezeigt hätten":
"Es gibt zu viele sich rasch wandelnde und nicht erfassbare Parameter für genauere Vorhersagen zum Verlauf dieser Pandemie."
Daraus ergäbe sich die "wichtigste Erkenntnis" für die Gegenwart:
"Es kommt in erster Linie darauf an, das eigenverantwortliche Handeln der Bürger konsequent zu stärken."
Die Erkrankungen nach einer Infektion mit der Omikron-Variante seien "medizinisch nicht vergleichbar mit dem, was Mediziner in den Wellen durch die Varianten Alpha, Beta und Delta gesehen haben", so die Autorengruppe in ihrer Veröffentlichung. Für sie zeige die Gegenwart daher die klinische Alltagsrealität:
"COVID als schwere und auch lebensbedrohliche Erkrankung mit Lungenentzündung wird in den Krankenhäusern praktisch nicht mehr gesehen."
In einem aktuellen Interview äußert sich Dr. med. Thomas Voshaar zur Veröffentlichung des Thesenpapiers wie folgt:
Die zurückliegenden Erfahrungen seit Frühjahr 2020 hätten laut Einschätzung der Verfasser zudem gezeigt, dass "überzogenes staatliches Eingreifen sehr leicht zu mehr Schaden als Nutzen" geführt hätte. Impfstoffe seien "schnell verfügbar" gewesen, der Nutzen "etwa ab den Altersgruppen Ü 60" sei "wissenschaftlich unbestritten".
Der gezielte Einsatz von Masken in kritischen Bereichen wie Altenheimen, Kliniken und bestimmten Innenräumen war laut den Medizinern und Wissenschaftlern "sinnvoll", sie gingen in ihrem Beitrag jedoch nicht weiter auf den erweiterten belastenden Maskenzwang in weiteren Bereichen der Gesellschaft, wie in Schulen, Kindergärten und dem Öffentlichen Nahverkehr, und dementsprechende gesundheitliche Auswirkungen auf die Menschen ein.
Zum Impfverhalten in Deutschland, bei einer Impfquote von aktuell 76,2 Prozent zweifach Geimpfter (davon erhielten wiederum 61,8 Prozent eine Dritt- oder Viertimpfung), heißt es resümierend als "Zwischenbilanz im August 2022":
"Wir können uns auf den Effekt des veränderten Virus, der Impfung und vor allem den großartigen Lerneffekt und das Gedächtnis unseres breiten Immunsystems verlassen, denn fast alle von uns wurden geimpft und hatten auch Kontakt mit dem Virus."
Die Autoren stellen zum staatlichen Handeln fest:
"Die unprofessionelle Debatte über die Impfpflicht, die soziale Ausgrenzung ungeimpfter Mitbürger, eine fehlende klare Linie bei fast allen Empfehlungen und der Einschätzung von Risiken haben das Vertrauen in den Staat und die wissenschaftlichen Fachgesellschaften erkennbar belastet."
Das Vertrauen der Bevölkerung in die aktuellen Impfstoffe würde "durch die aktuelle Diskussion über Impfnebenwirkungen und vor allem die starre, unwissenschaftliche Haltung des BMG gestört", so der Beitrag. Weiter heißt es:
"Ein wichtiger Aspekt ist die ungenügende Verpflichtung der Firmen auf aussagefähige Studien. Aktuell wird zu sehr dem Zufall die Erkenntnis einer Nebenwirkung anvertraut. Besser wäre es, zum bewährten verpflichtenden Nachweis zurückzukehren, dass gravierende Nebenwirkungen nicht oder nur in geringem Umfang und vertretbarer Intensität auftreten."
Eine Impfempfehlung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene halten die Autoren "nicht für angemessen". Dringend benötigt würde in der Impfdiskussion "eine Rückkehr zu den klassischen und bewährten Standards der Immunologie und der klinischen Prüfung von Impfstoffen". Die "grassierende Sommergrippe" stelle aktuell "ein größeres Problem für die betroffenen Menschen als das in immer neuen Varianten zu findende Omikron-Virus". Es bestätige sich die "alte Erfahrung":
"Am Ende ist ein gut funktionierendes Immunsystem mit multiplen Infektionen die beste Medizin bei der Bekämpfung solcher Viren. Auch von anderen Viren ist bekannt, dass im Laufe der Zeit ein lernendes Immunsystem und ein sich änderndes Virus ein normales Leben mit dem Virus ermöglichen."
Vor dem Hintergrund genannter Erfahrungen und Erkenntnisse werdend final Empfehlungen für den kommenden Herbst und Winter formuliert. Unter anderem lauten diese:
- Der Staat hat somit keinen Regulierungsbedarf mehr, der über die klassischen Formen der Gesundheitsvorsorge hinausginge: Er muss die Bürger klar und offen auf Grundlage einer evidenz-basierten Wissenschaft und nicht auf Basis von Hochrechnungen epidemiologischer Beobachtungsstudien informieren.
- Dabei sind voreilige Schlussfolgerungen zu vermeiden, etwa ohne empirische Grundlage von der "Nebenwirkungslosigkeit" von Impfstoffen oder einem "katastrophalen Herbst" zu reden.
- Staatliche Kommunikation sollte frei von Angstmache, faktenbezogen und konsequent an der Wissenschaft orientiert sein.
- Zu den Pandemieschäden gehören auch Kollateralschäden (verzögerte oder fehlende Krankenhausbehandlung, Verschlimmerung psychiatrischer Vorerkrankungen, Entwicklungsstörungen bei Kindern usw.), deren Bedeutung im Sinne eines Gesamtschadens (Ressourcenallokation) bzw. der Verantwortungsethik viel mehr berücksichtigt werden müssen.
- Wir sollten wieder den Leitgedanken des mündigen Bürgers in den Mittelpunkt stellen. Der Irrweg des ideologischen Glaubenskriegers in Wissenschaft und Medizin funktioniert nicht und schadet deren Ansehen enorm.
Zum Ende diesen Jahres würden daher "keine Maßnahmen wie Lockdowns, Schulschließungen, ständiges Testen oder Maskenpflichten" benötigt werden, so das Fazit des Thesenpapiers, um abschließend festzustellen:
"Wir können diesem Herbst und Winter mit berechtigtem Optimismus entgegensehen, wenigstens beim Umgang mit SARS-CoV-2 und seinen Varianten".
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