In den sozialen Netzwerken sind Fotos aufgetaucht, die ein mit Farbe verunstaltetes steinernes Denkmal zeigen. Die Bilder wurden von einem Besucher der Stätte aus Weißrussland verbreitet. Es stellte sich bald heraus, dass es sich hierbei um das Grabmal des ukrainischen Nazi-Kollaborateurs Stepan Bandera auf dem Münchner Waldfriedhof handelt, das von Vandalen heimgesucht wurde, so die Behauptung des weißrussischen Oppositionellen Aleś Čajčyc am vergangenen Samstag in den sozialen Medien.
Čajčyc veröffentlichte auf Facebook vier Fotos, die das mit lila Sprühfarbe beschmierte Grab zeigen. Dazu schrieb er: "Das Grab von Stepan Bandera in München, beschädigt durch Vandalen. Ich beschloss, es zum ersten Mal zu besuchen und ich stieß hier auf Polizei und auf diesen Anblick." Die Bilder zeigen ein Grabmal, das mit dem sowjetischen Symbol von Hammer und Sichel übersät ist, zusammen mit einer Reihe von anarchistischen Emblemen und Hakenkreuzen. Auch die Inschrift von Banderas Name wurde stark durch Farbe in Mitleidenschaft gezogen.
Auch auf Kurznachrichtendienst Twitter teilten Nutzer Fotos vom beschmierten Grab.
Wie der Bayerische Rundfunk berichtet, habe das Polizeipräsidium München gegenüber dem Sender bestätigt, dass das Staatsschutzkommissariat in dem Fall ermittle. Mittlerweile soll das Grabmal gereingt worden sein.
Es ist nicht der erste Farbanschlag auf das Grab des eingefleischten Nationalisten, der im Zweiten Weltkrieg mit den Nazis kollaborierte und in der heutigen Ukraine als Held gilt. Am 7. März berichtete der damalige ukrainische Botschafter Andrei Melnyk von "einem dreisten Akt des Vandalismus" und forderte die örtliche Polizei auf, den "ekelhaften Abschaum", der das Denkmal mit einer unbekannten Substanz verunstaltet hatte, zu finden und zu bestrafen. "Schade, dass die Dämonisierung von Bandera nicht nur seitens der Moskauer Propaganda betrieben wird, sondern auch von angesehenen deutschen Historikern", schrieb er damals auf Twitter.
Während seiner fast achtjährigen Amtszeit als Spitzendiplomat seines Landes in Deutschland geriet Melnyk, der für seine tiefe Bewunderung für den umstrittenen ukrainischen Nationalhelden bekannt ist, in den Mittelpunkt mehrerer Skandale. Letzten Monat bestritt Melnyk in einem aufgezeichneten Gespräch mit dem deutschen Podcaster Tilo Jung wiederholt, dass Bandera in den Massenmord an Juden und Polen während des Zweiten Weltkriegs auf dem Territorium der heutigen Ukraine verwickelt war. Die Äußerungen des Botschafters lösten sowohl in Polen als auch in Israel heftige Kritik aus. Die internationale Empörung zwang das Außenministerium der Ukraine, einzugreifen und zu erklären, dass die Äußerungen nicht die offizielle Haltung Kiews widerspiegeln.
Am 9. Juli zog der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij Melnyk von seinem Posten in Deutschland ab.
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