Der stellvertretende Vorsitzende der FDP Wolfgang Kubicki hat in der Welt am Sonntag erneut gefordert, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Präsidenten des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, entlässt. Hintergrund ist die Evaluierung der Corona-Maßnahmen, die am Freitag veröffentlicht wurde.
Nach Ansicht Kubickis sei nunmehr ein "personeller Neuanfang" innerhalb des Instituts nötig. "Es ist unausweichlich, dass Minister Lauterbach den RKI-Präsidenten Lothar Wieler als Verantwortlichen dieser Misere entlässt", sagte Kubicki zur Welt am Sonntag, wie diese in ihrer heutigen Ausgabe berichtet.
Der FDP-Vize sagte weiter, dass das Datenchaos, das die FDP stets angeprangert habe, mit dem Evaluierungsbericht nun offiziell benannt werde. Die Maßnahmen seien größtenteils unverhältnismäßig und undemokratisch gewesen und "entbehrten häufig jeder wissenschaftlichen Grundlage". Die FDP-Fraktion werde jetzt zügig darüber beraten, was dieser "erschütternde Bericht" für die weitere infektionsrechtliche Diskussion bedeute. Im RKI sei ein "personeller Neuanfang" notwendig, zudem müsse die politische Abhängigkeit der Institution vom Gesundheitsministerium "strukturell gelöst werden".
In dem am Freitag vorgestellten Evaluationsbericht der Expertenkommission wird den Corona-Maßnahmen und dem Robert-Koch-Institut ein desaströses Zeugnis ausgestellt: Die Datenlage sei unzureichend gewesen und für die Wirksamkeit der Maßnahmen gebe es kaum Evidenz.
Besonders kritisch sahen die Experten die Schulschließungen in der ersten Phase der "Pandemie". Die "genaue Wirksamkeit von Schulschließungen auf die Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus" sei fraglich. Während nicht bekannt ist, ob Schulschließungen die Verbreitung des Coronavirus eindämmen konnten, hatten gerade diese zu massiven Kollateralschäden geführt. Laut Bericht waren die Folgen dieser Maßnahme auf das psychische Wohlbefinden der Schüler "immens".
Dem Sachverständigenausschuss, der je zur Hälfte von Bundesregierung und Bundestag besetzt wurde, gehören Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen an, darunter Virologen, Juristen und Naturwissenschaftler. Die Evaluierung sollte vor allem die Maßnahmen im Rahmen der "epidemischen Lage von nationaler Tragweite" analysieren. Aus dem Expertenrat war zuvor bereits signalisiert worden, dass bis zum Ablauf der Frist Ende Juni keine "Vollevaluierung aller Maßnahmen" zu leisten sei.
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