Transatlantiker Hacke bei Maischberger: "Biden hat kein Interesse, die Ukraine-Krise zu lösen"

Willkommen in der Realität. Ob Richard David Precht bei Markus Lanz oder am Dienstag zum wiederholten Male unbequeme Gäste bei Maischberger: Langsam dämmert es auch im Mainstream, dass Russland seine Ziele in der Ukraine wohl doch erreichen wird – dafür aber die von den USA und der EU forcierten antirussischen Sanktionen vor allem Deutschland nachhaltig schaden.

von Kaspar Sachse

Zum wiederholten Male war Sandra Maischberger am Dienstag von Meinungsäußerungen einiger ihrer Gäste zum Thema Ukraine-Krieg sichtbar überrascht: Den Auftakt machte der Journalist Friedrich Küppersbusch. Dieses Urgestein des WDR düpierte neben der Talkmasterin auch die Chefin der Welt am Sonntag Dagmar Rosenfeld.

Küppersbusch rekurrierte zum einem auf den ehemaligen US-amerikanischen Außenminister Henry Kissinger, der – vor den Nazis 1938 geflohen – durchaus verstehen könne, wenn viele Deutsche aufgrund der historischen Erfahrung des 20. Jahrhunderts ein Problem damit haben, wenn ihr Land  – wie jetzt von den USA angestrebt – unter anderem mit Waffenlieferungen an die Ukraine jetzt wieder eine militärische Führungsrolle in Europa einnehmen solle.

Zum anderen zitierte Küppersbusch – mit kritischen Seitenblick auf Frau Rosenfeld, die den neuen militärischen Führungsanspruch Deutschlands in Europa gutheißt – den US-amerikanischen Linguisten Noam Chomsky mit seiner Forderung nach einer friedlichen Lösung im Ukraine-Konflikt,  indem er kürzlich meinte:

"'Die Amerikaner bekämpfen die Russen bis zum letzten Ukrainer.' [...] Das geht doch auch nicht!"

Der Fernsehmoderator und Ex-Börsenmakler, Joachim Llambi, pflichtete dem bei:

"Sie [die Wirtschaftssanktionen gegen Russland] werden den Krieg nicht beenden. [...] Am Ende [...] müssen wir wieder an den Verhandlungstisch kommen. Am liebsten so schnell wie möglich, am liebsten schon morgen!"

Dann schwenkte die Kamera in die zweite Runde dieses Abends. Nachdem Daniela Schwarzer als Direktorin der Open Society Foundation, gesponsert vom US-Oligarchen  George Soros, mit ihrer Lobhudelei auf den aktuellen G7-Gipfel fertig war, folgte nun der Auftritt des emeritierten Politikwissenschaftlers Christian Hacke. Er sorgte sogleich für verdutzte Gesichter mit seiner Feststellung:

"Ich habe früher immer gedacht, als der Krieg [in der Ukraine] ausbrach, Amerika würde mit allen Mitteln versuchen, den Konflikt dort zu beenden. Dann hätten sie [die US-Amerikaner] meiner Meinung nach – kurz nachdem Russland einmarschierte und die Drohung ziemlich klar wurde –, … hätte ein Biden handeln müssen wie ein Kennedy oder ein Reagan."

Damit meinte er einerseits das Aufzeigen von militärischen Gegenoptionen, aber andererseits auch von diplomatischen Lösungen im Hinblick auf die Briefe, die Russlands Präsident Putin noch im Dezember 2021 unter anderem an den US-Präsidenten Joe Biden geschickt hatte: Die dort geforderte Wahrung auch der russischen "legitimen Sicherheitsinteressen" hätten die USA ernst nehmen müssen. Und Hacke ergänzte dann:

"Ich war dusselig, muss ich Ihnen sagen. Ich habe gar nicht begriffen, dass Biden eigentlich gar kein Interesse hat, die Ukraine-Krise friedlich zu lösen, sondern das ist der Fechtboden, um die amerikanische Interessensphäre auszuweiten und dort Putin-Russland zurückzudrängen bis hin zum Regimechange – was ja angedeutet wurde."

Diese Argumentation unterstrich er mit einem Blick in die Geschichte:

"Russland hat die Invasion von Napoleon zurückgeschlagen, Russland hat Hitler besiegt, und mit den Mitteln die wir jetzt haben – bisschen Gold deckeln oder kleine anderen Sachen – damit Putin zu beeindrucken, das halte ich für unzureichend."

Nach einigen Relativierungen von Schwarzer ging Hacke noch auf die Ost-Erweiterung der NATO seit den 1990er Jahren ein, die aus russischer Sicht eine "Erweiterung der westlichen Hemisphäre" sei, und die "das eigentliche Problem" darstelle.

Diese "Vorgeschichte" dürfe man nicht unter dem Tisch fallen lassen. Auch sieht Hacke in den westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine eine weiteres "Eskalationspotential", genau wie in einem möglichen EU-Beitritt der Ukraine. Und er beruft sich dabei auf die frühere Idee einer neutralen Ukraine, wie sie Helmut Schmidt oder Henry Kissinger immer gefordert haben.

Die aktuelle US-Außenpolitik erklärt Hacke auch mit der sichtbar schwachen Stellung des US-Präsidenten Joe Biden in der innenpolitisch aufgeheizten Situation der USA. Die Ursachen von Washingtons aggressiver Außenpolitik würden auch  "im Niedergang" der USA liegen, oder anders ausgedrückt:

"Amerika ist auf dem absteigenden Ast."

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