In Rheinland-Pfalz: US-Militär errichtet größtes Gefahrstofflager außerhalb der USA

In Rheinland-Pfalz haben die USA mit zwei Großbauvorhaben begonnen: In Weilerbach soll ein neues Militärkrankenhaus entstehen, in Germersheim baut man seit 2019 das Gefahrstofflager im dortigen US-Depot aus. Beide sollen die größten ihrer Art außerhalb der USA werden.

Die USA bauen ihre militärischen Standorte in Rheinland-Pfalz weiter aus. Gleich mehrere Großprojekte sind derzeit im Bau. Neben dem neuen US-Militärkrankenhaus in Weilerbach entsteht in Germersheim das größte US-Gefahrstofflager außerhalb der Vereinigten Staaten, in dem nach Abschluss der Bauarbeiten künftig teils hochgiftige Stoffe gelagert werden sollen. Während der Bau des neuen Krankenhauses medienwirksam kommuniziert wird, hüllt sich die US-Armee bezüglich des Depots in Germersheim in Schweigen.

US-Krankenhaus in Weilerbach soll altes in Landstuhl ersetzen

Neben ihrem Militärstützpunkt Ramstein bauen die USA in Weilerbach ein riesiges Krankenhaus. Innerhalb der nächsten fünf Jahre soll hier das größte US-Militärkrankenhaus außerhalb der Vereinigten Staaten entstehen. Auf einer Grundfläche von rund 600 mal 300 Metern, für die bisher fast 47 Hektar Wald gerodet wurden, ist demnach ein 90.000 Quadratmeter großes Gebäude mit neun OP-Sälen und mehr als 4.000 Zimmern geplant, wovon 120 Untersuchungsräume sein sollen. Die aufwendig geschwungene Fassade des Gebäudekomplexes soll nach Fertigstellung eine riesige wehende US-Fahne symbolisieren.

Etwa 1.500 Menschen werden nach Angaben des Amts für Bundesbau ab Herbst auf der Baustelle bei Weilerbach im Landkreis Kaiserslautern arbeiten. Zudem sollen 15 mehr als 100 Meter hohe Kräne das gigantische Bauvorhaben vorantreiben. "So etwas zieht man nur einmal im Leben hoch", erklärte Matthias Göbel vom Amt für Bundesbau dem SWR. "Auch für die deutsch-amerikanischen Beziehungen ist es zweifellos ein historisches Projekt." Insgesamt mehr eine Milliarde Euro soll das Projekt insgesamt kosten. "Laut NATO-Truppenstatut übernehmen die USA die Baukosten von 859 Millionen Euro für die Klinik", sagte Göbel:

"Der Bund beteiligt sich mit 151 Millionen Euro an den Planungskosten."

Das neue Krankenhaus sei allerdings keine Reaktion auf den Krieg in der Ukraine, sondern als Ersatz für das bereits 1953 errichtete und somit veraltete US-Militärkrankenhaus in Landstuhl geplant. "Heute brauchen Betriebsabläufe eine andere Struktur", so Göbel. In dem Krankenhaus würden künftig aber nicht nur verwundete US-Soldaten, sondern auch zivile Angehörige der in Rheinland-Pfalz stationierten US-Truppen behandelt. Es sei daher eher eine Poliklinik mit bis zu 93 Betten im Normalbetrieb. "Wir haben einen Zahnarzt, eine Geburtenstation, eine eigene Abteilung für Veteranen – insgesamt 68 Fachdisziplinen", erklärte Göbel. 

Trotz des überwiegend zivilen Nutzens gewinne das Projekt durch den derzeitigen Konflikt mit Russland nach Ansicht von David Sirakov an Bedeutung. Der Politologe, der für die Atlantische Akademie Rheinland-Pfalz tätig ist, sieht die "Entscheidung, Landstuhl durch einen deutlich moderneren Komplex zu ersetzen", als "wichtiges Zeichen der Kontinuität des sicherheitspolitischen US-Engagements in Europa und in Deutschland". Der Neubau des Krankenhauses hänge demnach eng mit der Bedeutung des US-Luftwaffenstützpunkts Ramstein für die US-Sicherheitspolitik in Europa, Afrika und dem Nahen Osten zusammen, so Sirakov. Das Krankenhaus soll nach Angaben der US-Streitkräfte 2027 in Betrieb gehen.

In Germersheim soll größtes Gefahrstofflager außerhalb der USA entstehen

Bereits zuvor hatte das US-Militär im rheinland-pfälzischen Germersheim mit dem Ausbau ihrer beiden Gefahrstofflager im dortigen US-Depot begonnen. Mehr als 70 Millionen Euro hatte die US-Armee für deren Erweiterung veranschlagt. Genau genommen geht es unter anderem um den Umbau des Gebäudes 7915, eines Lagers der Defense Logistics Agency (DLA), einer dem US-Verteidigungsministerium unterstehende Behörde, die den US-Streitkräften logistische Unterstützung bei ihren Einsätzen bietet. In dem Gebäudekomplex befindet sich ein Gefahrstofflager mit einer Lagerkapazität von 70 Tonnen, die nach Angaben der US-Armee auf 1.900 Tonnen erweitert werden soll.

Das zweite von den Baumaßnahmen betroffene Gebäude ist jenes mit der Nummer 7983. Auch darin befindet sich ein Gefahrstofflager, das derzeit eine Kapazität von 1.200 Tonnen aufweist. Hier ist ein Anbau von rund 14.860 Quadratmetern geplant, erklärte die US-Armee auf Anfrage der Rheinpfalz. "Es wird keine Personalaufstockung geben, nur während der Bauphase wird es mehr Jobs geben, die direkt mit den Bauprojekten zu tun haben", so die US-Armee weiter.

Schon vor Beginn der Bauarbeiten hatten die Pläne der US-Amerikaner, auf der US-Liegenschaft das größte Gefahrstofflager außerhalb der USA zu errichten, für Ärger unter der dort lebenden Bevölkerung gesorgt. Grund hierfür ist die eher dürftige Informationspolitik der zuständigen Behörden. Bekannt ist lediglich, dass in dem Komplex nach Fertigstellung neben Ölen, Batterien und Hydraulikflüssigkeit später auch Stoffe der höchsten Gefahrstoffklasse gelagert werden sollen. Über die meisten davon herrscht vonseiten der US-Streitkräfte allerdings Schweigen. 

Dass in dem Lager bereits vor den derzeitigen Umbaumaßnahmen chemische Verbindungen der höchstmöglichen Gefahrstoffklasse gelagert worden waren, geht aus einem entsprechenden Genehmigungsantrag hervor, der der antragstellenden Defense Logistics Agency (DLA) am 9. Oktober 2009 von der Kreisverwaltung Germersheim mit einem Genehmigungsbescheid zum Betrieb eines Gefahrstofflagers der höchstmöglichen Gefahrstoffkategorie bewilligt worden war.

Ein Widerspruch der Anwohner gegen die von der Kreisverwaltung erteilten Betriebsgenehmigung vor dem Kreisrechtsausschuss war damals lediglich mit der Begründung abgelehnt worden, dass die Lager im US-Depot nicht unter sogenannte "genehmigungsbedürftige Anlagen" nach § 1, Abs. 2 der vierten BImSchV (Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes) fielen.

Doch nicht nur den Germersheimern ist das Gefahrstofflager der US-Armee ein Dorn im Auge. Auch rund um Germersheim ansässige Kommunalvertreter von SPD und AfD fordern seit Jahren mehr Aufklärung über die dort lagernden Stoffe. Zwar wurden die Stadtratsmitglieder im Jahr 2019 bei einem Besuch des US-Depots darüber informiert, dass es sich bei den dort lagernden Stoffen um Gemische wie Öle oder Enteisungsmittel handele. Allerdings räumte der Kreisvorstand der SPD auf seiner Webseite wenig später ein, dass sich die Aussagen der US-Amerikaner nicht überprüfen ließen, "da es sich um eine militärische Anlage handelt, bei der aus Geheimhaltungsgründen die Lagerung bestimmter Stoffe der Öffentlichkeit vorenthalten wird".

Eine Liste mit einer Übersicht über die einzulagernden Stoffe der US-Armee, die den Germersheimer Stadtratsmitgliedern vorliegt, enthält nach Angaben der SPD jedoch auch Einzelstoffe, "die in die höchste Gefahrstoffklasse fallen". Speziell soll es sich bei diesen Stoffen laut Informationen des AfD-Kreisverbands Germersheim unter anderem um Cadmiumfluorid und Dimethylsulfat handeln. Letzteres ist eine chemische Waffe, die im Ersten Weltkrieg eingesetzt worden war. Dimethylsulfat ist nicht nur krebserregend, sondern zugleich auch hochgiftig und ätzend. Der Kontakt mit dem chemischen Stoff verläuft sowohl für Menschen als auch für Tiere tödlich. Denn die Haut, die Schleimhäute sowie der Magen-Darm-Trakt absorbieren den chemischen Kampfstoff, der dann eine tödlich verlaufende Reaktion der Atemwege verursacht. Da Dimethylsulfat geruchslos ist, warnen auch keine beißenden Gerüche vor einer tödlichen Konzentration des Stoffs in der Luft.

Insgesamt 50 Tonnen des chemischen Kampfmittels sollen im US-Depot in Germersheim eingelagert werden oder gar bereits dort lagern, erklärt die AfD Germersheim in einem offenen Brief auf ihrer Webseite. "Es entsteht mittlerweile der Eindruck, dass die Öffentlichkeit nur scheibchenweise informiert wird", heißt es in dem Schreiben:

"Die bisherige Nennung der Stoffklassen ist zu wenig. Hier muss ganz klar jeder einzelne Stoff mit seiner toxischen Eigenschaft und möglichen Wechselwirkungen mit den anderen zu lagernden Stoffen genannt werden, damit die Risiken für Mensch und Umwelt – auch bei einem größten anzunehmenden Unfall (GAU) – ersichtlich werden."

Doch all diese Bedenken halten die zuständigen Behörden nicht ab. 200 Lastwagen mit teils hochgiftigen Gefahrstoffen sollen nach den Plänen des US-Militärs künftig täglich in der Anlage ankommen. Diese Lkw werden Bundesstraßen und lokale Straßen befahren, ohne dabei den in Deutschland geltenden Schutzmaßnahmen zu unterstehen. Die Sorgen der Germersheimer  werden sowohl von deutschen als auch US-Behörden ignoriert. 

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