Kommt der Beitragsschock? Gesetzlichen Krankenkassen fehlen bis zu 25 Milliarden Euro

Seit Monaten kündigt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach einen dringend benötigten Gesetzentwurf zur Stabilisierung der Kranken- und Pflegekassen-Finanzierungen an, der bis dato noch nicht erfolgt ist. Aufgrund von Milliardendefiziten drohen den Bürgern erhebliche Beitragserhöhungen. Der DAK-Vorstand spricht von einem drohenden "Beitrags-Tsunami".

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat seit Beginn seiner Amtszeit mehrfach angekündigt, zur Sanierung der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) die Krankenkassenbeiträge erhöhen zu müssen. Dies ist jedoch im Rahmen einer benötigten Gesetzesmitteilung bis zum heutigen Tage noch nicht passiert. Die Versicherten wägen sich daher weiterhin im Ungewissen, mit welchen finanziellen Zusatzbelastungen sie im kommenden Jahr rechnen müssen.

Bei den bisherigen Schätzungen wird aktuell eine Bedarfssumme von rund 17 Milliarden Euro zur finanziellen Absicherung der Kassen genannt. Laut einem Artikel der Bild wird sich diese Milliardenlücke jedoch noch wegen der sich manifestierenden Inflation vergrößern. Diese treibe "auch für Arztpraxen und Krankenhäuser die Einkaufspreise" nach oben. Zudem seien die "Aussichten für den Arbeitsmarkt im Herbst 2022" alles andere als rosig, was sich wiederum negativ auf die eingeplanten Beitragszahlungen auswirken könnte. Günther Neubauer vom Institut für Gesundheitsökonomik betitelte jetzt, nach Berechnungen im Auftrag der Bild, das zu erwartende Defizit auf zu befürchtende 25 Milliarden Euro, einer Erhöhung von immerhin acht Milliarden Euro. Unter Berücksichtigung der genutzten Daten ergibt sich daher:

"Bis Ende 2024 fehlen laut GKV-Spitzenverband 7,3 Milliarden Euro. Gründe: 4 Milliarden Euro Mehrkosten durch Corona, 3,3 Milliarden Euro wegfallende Beiträge von Versicherten, die ihre Angehörigen pflegen."

GKV-Vize Gernot Kiefer äußerte sich gegenüber der Bild mit der Befürchtung: "Wenn der Bund diese Lücke nicht auffüllt, muss der Beitrag um 0,35 Punkte steigen". Die Bild berechnete damit mögliche Netto-Erhöhungen:

"Durchschnittsverdienern drohen Beitragserhöhungen von 455,16 Euro, Top-Verdienern 537,02 Euro mehr im Jahr."

Andreas Storm vom Vorstand der DAK-Gesundheit richtet aufgrund dieser neuen Zahlen eindeutige Worte an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach:

"Lauterbach muss jetzt gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister den 70 Millionen Versicherten die Frage beantworten, ob und wie er den drohenden Beitrags-Tsunami noch verhindern will."

Bezugnehmend auf die schon im März erfolgte Ankündigung von Lauterbach, Krankenkassen wie Versicherte zeitnah verbindlich zu informieren, bemerkte Storm im Bild-Artikel:

"Auf diesen angekündigten Gesetzesentwurf warten wir jetzt bereits seit drei Monaten. Wenn er nicht vor der Sommerpause vorgelegt wird, reicht die Zeit nicht mehr aus bis zur Haushaltsaufstellung der Krankenkassen im Herbst. Dafür brauchen wir Planungssicherheit!"

Der CDU-Gesundheitsexperte Erwin Rüddel bemerkte gegenüber der Bild: "Die Beitragszahler müssen jetzt ausbaden, dass Lauterbach keine Reformen und seit Monaten kein GKV-Finanzierungsgesetz liefert." Regelrecht passend, symbolisch festgesteckt, vermeldete Lauterbach am 10. Juni über sein Twitter-Profil:

"Hier stecke ich (...) im Aufzug fest, der ruckartig 1 Meter absackte ..."

Auf Bild-Nachfrage hieß es zu den neuesten Zahlen und fehlenden Gesetzesvorlagen demnach recht lapidar und unverbindlich aus dem zuständigen Lauterbach-Ministerium, das Gesetz würde "regierungsintern beraten", ohne eine genaue Zeitangabe zu benennen.

Mehr zum Thema -Gesetzliche Krankenkassen: Reformen statt unendliche Steigerungen der Beitragssätze