Der Corona-Expertenrat hat seine Empfehlungen für den Herbst und Winter vorgestellt und Bund und Länder dazu gedrängt, sich früh und umfassend auf die Bekämpfung neuer Infektionswellen im Herbst und Winter vorzubereiten. In einer umfangreichen Stellungnahme des Gremiums, die am Mittwoch vorgelegt wurde, heißt es:
"Eine vorausschauende Vorbereitung mit kurzen Reaktionszeiten auf veränderte Infektionslagen reduziert die pandemiebedingten (Sekundär-)Schäden und hat die höchste Effektivität, um die Morbidität und Mortalität zu verringern."
In jedem Fall erfordere die Vorbereitung eine "solide rechtliche Grundlage für Infektionsschutzmaßnahmen", die "eine dem Infektionsgeschehen angepasste schnelle Reaktion" ermöglicht. Besonders dann, wenn eine Überlastung des Gesundheitssystems drohe, sei eine schnelle Reaktion notwendig. Nach Ansicht des Gremiums könne eine vorübergehende Maskenpflicht "ein wirksames und schnelles Instrument zur Infektionskontrolle darstellen".
Während der Pressekonferenz wurde auch darauf hingewiesen, dass niemand seriös und sicher vorhersagen könne, welche SARS-CoV-2-Varianten im Herbst auftreten. Der Expertenrat geht jedoch von drei möglichen Szenarien aus.
Im günstigsten Szenario seien die neuen Varianten weniger gefährlich, sodass Infektionsschutzmaßnahmen nicht mehr oder nur für den Schutz von Risikogruppen notwendig seien. In einem "Basismodell" gehen die Experten davon aus, dass die Zahl der COVID-Fälle wieder steigt. Diesbezüglich erklärte die Kommission:
"Trotz der moderaten COVID-19-Belastung der Intensivmedizin könnten die Arbeitsausfälle erneut flächendeckende Maßnahmen des Übertragungsschutzes (Masken und Abstand in Innenräumen), aber auch Maßnahmen der Kontaktreduktion nach regionaler Maßgabe erforderlich machen."
In einem Negativszenario müsse man mit einem sinkenden Immunschutz und einer pathogeneren Variante rechnen, sodass auch Immunisierte mit einem schweren Krankheitsverlauf rechnen müssen. In diesem Fall würden die Intensivstationen wieder stark mit COVID-19-Fällen belastet, sodass Maßnahmen wie die Maskenpflicht und Abstandsregelungen erst im Frühjahr 2023 zurückgefahren werden können.
Das Gremium forderte in seiner Stellungnahme auch eine bessere Erhebung der Corona-Daten durch ein digitales Echtzeit-Lagebild. Dadurch könne man die Sieben-Tage-Inzidenz als Parameter ablösen und sei in der Lage, besser und gezielt auf Entwicklungen zu reagieren. Das Gremium verweist auch auf die Erwartungshaltung der Menschen:
"Die Bevölkerung ist durch zwei Jahre Pandemie geprägt."
Daher bestehe nach Ansicht der Experten "eine nachvollziehbar hohe Erwartungshaltung an die Politik, im dritten Jahr der Pandemie effektive Vorbereitungen für Herbst und Winter zu treffen". Der von der Bundesregierung eingerichtete Expertenrat ist mit Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen besetzt und soll unter anderem Empfehlungen und Vorkehrungen zum Umgang mit Corona entwerfen.
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