Spaltungsgefahr beim Corona-Bonus: In den Belegschaften drohen ungleiche Auszahlungen

Das Pflegepersonal in brandenburgischen Kliniken droht, bei den diesjährigen Auszahlungen des Corona-Pflegebonus größtenteils leer auszugehen. Einrichtungen wie Personal müssen eindeutig definierte Vorgaben erfüllen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisiert die gesetzlichen Regelungen.

Die Bundesregierung plant, eine Milliarde Euro an die einzelnen Bundesländer zu verteilen, damit über diese Summe Angestellte in den Pflegeberufen den sogenannten Corona-Pflegebonus ausgezahlt bekommen. Am Beispiel des Bundeslandes Brandenburg zeigt sich nun, dass nur ein kleiner Teil der Krankenhäuser, Einrichtungen und dem damit verbundenen Pflegepersonal in den Genuss der Zahlungen kommen wird, da sie durch die Voraussetzungen im geltenden Gesetzentwurf ausgeschlossen werden.

Einen Anspruch haben laut Gesetzentwurf demnach nur die Krankenhäuser, die im vergangenen Jahr "mehr als zehn Patienten behandelt haben, die erstens mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert waren und die zweitens mehr als 48 Stunden beatmet wurden", so Informationen des Sender rbb. Weitere Bedingungen für die Chance einer Bonus-Auszahlung lauten:

"Pflegefachkräfte müssen im Jahr 2021 für mindestens 185 Tage im direkten Beschäftigungsverhältnis mit dem Krankenhaus in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen beschäftigt gewesen sein. Hinzu kommt eine "abgeschlossene landesrechtliche Weiterbildung als Fachkrankenpflegerin für Intensivpflege und Anästhesie oder Fachkrankenpfleger für Intensivpflege und Anästhesie".

Durch diese Regelungen vorgegeben, zeigt sich eine Realität dahingehend, dass dadurch Rettungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, OP-Dienste, psychiatrisches Personal in Fachkliniken und auch Reinigungspersonal somit nicht berücksichtigt, also ausgeschlossen werden aus der Gruppe der Empfänger des Corona-Pflegebonus. Gisela Neunhöffer vom Verdi-Fachbereich Gesundheit und soziale Dienste des Landesverbandes Berlin-Brandenburg kritisiert laut dem rbb an diesem Ausschlussverfahren:

"Das alles zusammen ist eine Spaltung, die künstlich hineingetragen wird in die Krankenhäuser, die dann mehr Unmut erzeugt, als dass es als wirkliches Zeichen der Wertschätzung wahrgenommen wird."

Nach Angaben des rbb wiederholt sich damit die gleiche Situation wie schon im Jahr 2020, als "nach Angaben des brandenburgischen Gesundheitsministeriums in Potsdam nur neun der 54 Krankenhäuser im Land Brandenburg" als anspruchsberechtigt anerkannt wurden. Rund 40.000 Frauen und Männer sind nach Gewerkschaftsangaben in Brandenburg in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen tätig. Die Realität widerspricht damit den Informationen des Landes Brandenburg, dass auf seiner Webseite formuliert:

"Alle Beschäftigten in zugelassenen Pflegeeinrichtungen haben im Jahr 2020 einen je nach Tätigkeit gestaffelten Anspruch auf eine einmalige Sonderleistung (Corona-Prämie, auch Pflegebonus genannt) in Höhe von bis zu 1.000 Euro."

Schon im Januar berichtete der rbb an einem Fallbeispiel über die sich anbahnende Ungleichheit bei der Berücksichtigung und Berechnung der Boni-Zahlungen:

"Im vergangenen Jahr, erinnert sich Schneider, hätte die gut gemeinte Prämie für viel Neid innerhalb des eigenen Hauses gesorgt. Die Feuerwehrleute, die die Patienten bringen, der hausinterne Transportdienst, der die COVID-Kranken auf dem Gelände bewegt, die Reinigungskräfte, die alles sauber machen – müssten die nicht auch eine Prämie bekommen, fragt Schneider. 'Am Ende bleibt auf allen Seiten nur ein großes Ungerechtigkeitsgefühl', fürchtet die Notfall-Schwester." 

Der Sender weist darauf hin, dass es Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach war, der eine differenzierte Auszahlung ins Gespräch brachte:

"Doch kurz darauf trat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf die Bremse – zunächst müsse geklärt werden, wer für den Bonus in Frage komme, so der Minister, der genaue Vorstellungen vom Kreis der Berechtigten hat."  

Eine weitere Gruppe, bezogen auf Vorgaben und Regelungen in allen Bundesländern, die von Bonus-Zahlungen rückwirkend ausgeschlossen werden könnte, ist die der ungeimpften Angestellten. Die Bundestagsfraktion der AfD hat als einzige Fraktion bis dato die geplante Ausgestaltung des Pflegebonus-Gesetzes zum Thema ungeimpftes Personal scharf kritisiert. Konkret geht es um eine Formulierung in der Begründung zum dazu vorliegenden Gesetzentwurf für den Bereich der Pflegeheime:

"Keine Sonderleistung erhalten Beschäftigte, die aufgrund eines Tätigkeitsverbots nach § 20a Absatz 5 des Infektionsschutzgesetzes zum Stichtag am 30. Juni 2022 zwar beschäftigt, aber nicht tatsächlich tätig sind."

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) verwies in einer dementsprechenden Anfrage der AfD im April lediglich auf den Punkt, dass sich der Gesetzentwurf zum Pflegebonus noch "im Beratungsverfahren befinde und die endgültige Beschlussfassung abzuwarten bleibe", so Angaben der Deutschen Presse-Agentur. Änderungen wären bis zur Verabschiedung im Bundestag noch möglich. Der Gesundheitsausschuss des Bundestages befasste sich am 27. April in einer öffentlichen Anhörung mit dem Entwurf

Der Deutsche Pflegerat (DPR) warnte ebenfalls bei der Anhörung am 27. April "vor möglichem Unmut unter Pflegekräften". Christine Vogler, DPR-Präsidentin, bezeichnete den Ausschluss von Pflegenden eines Krankenhauses, welches nicht in das vorgesehene Raster fällt als "abgrenzend und diskriminierend. Von zusätzlichen Belastungen seien alle betroffen". Vogler regte daher auch an, für Leiharbeitskräfte einen Bonus vorzusehen. Der Verband medizinischer Fachberufe (vmf) forderte eine Ausdehnung der Prämie auf Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte. Insbesondere die Medizinischen Fachangestellten seien in der Pandemie Garant für den Schutzwall vor den Kliniken.

Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen wurde am 27. April im Ausschuss in geänderter Fassung mit breiter Mehrheit gebilligt, ohne genauere Angaben zum Kritikpunkt ungeimpfter Angestellter. In Kraft treten soll das Gesetz Ende Juni. Am 19. Mai erfolgte das Grundsatzurteil über die "Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Pflicht zum Nachweis einer Impfung gegen COVID-19 (sogenannte "einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht")" durch das Bundesverfassungsgericht.

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