Das Bundeswirtschaftsministerium will laut dem Handelsblatt mit der möglichen Abschaltung von Gaskraftwerken infolge der antirussischen Sanktionen auf Engpässe in der Gasversorgung reagieren. Am Dienstag hat das Ministerium von Minister Robert Habeck (Grüne) ein entsprechendes Gesetz vorgelegt.
Das neue Regelwerk ist für den Fall einer "drohenden Gasmangellage" konzipiert. Dazu zählt eine sogenannte staatliche "Verordnungsermächtigung", die in die Privatwirtschaft eingreifen kann und mit der der Einsatz von Gaskraftwerken für die Dauer von bis zu einem halben Jahr mit einem sogenannten "Malus" bestraft wird.
Diese Strafzahlung hat zur Folge, "dass Gaskraftwerke im Regelfall nicht mehr wirtschaftlich sind und deshalb nicht mehr betrieben werden", hieß es von der "Ampel"-Koalition. Wie hoch diese sein soll, war am Dienstag noch unklar.
Mit diesem Vorgehen sollen die Gasvorräte geschont werden. Dahinter stehe die Befürchtung, dass Russland die Belieferung mit Erdgas einschränken oder ganz einstellen könnte.
Der Anteil der Gaskraftwerke an der Stromerzeugung betrug im vergangenen Jahr rund 15 Prozent. Um die Stromversorgung auch ohne Gaskraftwerke sicherstellen zu können, setzt das Bundeswirtschaftsministerium auf Kohle- und Ölkraftwerke. Bestehende Reservekapazitäten sollen ergänzt oder verlängert werden. Betroffen sind die Netzreserve und die Sicherheitsbereitschaft.
Bei der Sicherheitsbereitschaft handelt es sich um Braunkohlekraftwerke, die als "letzte Reserve" für den Fall vorgehalten werden, dass die Stromproduktion nicht ausreicht, um den Verbrauch zu decken. Allerdings stehen die Kraftwerke nach geltendem Recht nur für jeweils vier Jahre zur Verfügung. Der erste der insgesamt acht Braunkohlekraftwerksblöcke der Sicherheitsbereitschaft ging im Oktober 2016 für vier Jahre ans Netz und ist damit bereits wieder aus der Sicherheitsbereitschaft ausgeschieden.
Momentan würden Braunkohlekraftwerke mit einer Leistung von 1,9 Gigawatt (GW) in der Sicherheitsbereitschaft zur Verfügung stehen. Die letzten beiden der acht Blöcke – Neurath von RWE und Jänschwalde von LEAG – gingen am 1. Oktober 2019 in die Sicherheitsbereitschaft und würden damit planmäßig am 1. Oktober 2023 vom Netz gehen. Mit Ende der Sicherheitsbereitschaft sollen die Kraftwerke nun in eine neue "Versorgungsreserve" gebracht werden. Diese soll bis zum 31. März 2024 befristet werden. Daneben werden Steinkohlekraftwerke, die nach dem Kohleausstiegsgesetz eigentlich zum 31. Oktober 2022 oder im Jahr 2023 hätten stillgelegt werden sollen, in Bereitschaft gehalten. Erst ab dem Frühjahr 2024 wird nach Einschätzung aus Regierungskreisen davon ausgegangen, dass sich die Gasversorgungslage normalisiert haben wird – bis dahin sollen zusätzlich auch Flüssiggasterminals mit preisintensivem LNG aus den USA oder Katar an der Nordseeküste entstehen.
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