Der wichtige Wirtschaftsfaktor Oktoberfest für die Stadt München, auch Wiesn genannt, soll nun nach zweijähriger Pause nach der Aussage von Oberbürgermeister Dieter Reiter vom 17. September bis 3. Oktober 2022 stattfinden. Über die 187. Wiesn sollen die entstandenen Milliardenverluste für die Schausteller, Hotellerie und Gastronomie, wie auch für die Stadt München kompensiert werden. Die Erklärung von Bürgermeister Reiter am 29. April lautete:
"Ich habe mich entschieden, die Verwaltung heute zu beauftragen, die Durchführung des Oktoberfests 2022 ohne Auflagen und ohne Beschränkungen in die Wege zu leiten."
Die Ankündigung "ohne Auflagen und ohne Beschränkungen" bereitet anscheinend zwei politischen Verfechtern der zurückliegenden Regierungsmaßnahmen in der Coronakrise erhebliche Kopfschmerzen. Gesundheitsminister Lauterbach hält laut dem Sender BR24 die Oktoberfest-Zusage für "gewagt". Der Minister äußerte in einem BR24-Interview "Zweifel" und warnt vor der Gefahr "neuer Omikron-Varianten". Er habe die Sorge davor, dass "es eine gewisse Wahrscheinlichkeit gebe, dass man es bis dahin mit den Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 zu tun habe", und weiter:
"Wenn diese Ausbrüche kämen, könne er sich vorstellen, dass dann ein vollkommen ungeschütztes Oktoberfest wieder problematisch wäre, weil es das Ausbruchsgeschehen anfeuern könnte."
Auch der Grünen-Gesundheitsexperte Dahmen betrachtet die geplante Durchführung "skeptisch". BR24 berichtet darüber, dass Dahmen die Ausrichtung des Oktoberfestes in München "für unvernünftig" bezeichnete. Es bestehe die Gefahr, dass Corona "mit neuer Härte" zurückkomme. Zudem sei er sich nicht sicher, ob es "klug und richtig" sei, jetzt schon Zusagen zu tätigen, dass "große Menschenansammlungen im Herbst auf jeden Fall wieder möglich sein können". Der Gesundheitsexperte im Radio-Interview auf Bayern 2:
"Gerade deswegen ist es für die Menschen wichtig, dass wir Vorsicht und Vorsorge in den Mittelpunkt dessen stellen, was kommt, und nicht Versprechen aussprechen, die wir am Ende möglicherweise nicht einhalten können."
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hält von den Einwänden wenig. Laut einer Pressemitteilung des Bayerischen Gesundheitsministeriums entgegnet Holetschek:
"Diese Entscheidung ist auch mit Blick auf die derzeitige Entwicklung der Corona-Pandemie vertretbar."
Etwas schärfer im Ton reagierte der bayerische FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Hagen:
"Für die Münchner Wiesn brauchen wir keine grünen Ratschläge aus NRW. Wenn Herr Dahmen das Oktoberfest kritisch sieht, soll er einfach nicht hingehen."
Hagen ergänzte seine Kritik mit dem Hinweis: "Mit seinen Einschätzungen zur Coronapolitik lag er (Dahmen) zuletzt ohnehin ziemlich daneben." Ein weiterer FDP-Politiker kommentierte die Mahnungen von Lauterbach und Dahmen auf Twitter:
Die sozialen Medien reagierten eher zynisch auf die jüngsten Aussagen von Lauterbach und Dahmen, beides Politiker, die weiterhin eine Impflicht bei den Ü-60 jährigen Bürgern einfordern.
Der Münchener Oberbürgermeister teilte mit: "Ich freu mich auf eine Wiesn 2022, die hoffentlich allen, die hingehen wollen, Spaß macht, die hoffentlich, auch diejenigen, die seit mehreren Jahren kein Geld mehr verdienen, wieder Geld in den Geldbeutel spült". Das Oktoberfest sorgt während seiner 16 Tage in München für bis zu 1,3 Milliarden Euro Umsatz, so Zahlen aus dem Jahr 2020. Die erhoffte Milliardensumme verteilt sich dem nach:
"Knapp eine halbe Milliarde Euro wird auf der Theresienwiese als Veranstaltungsort direkt umgesetzt, wo rund 8.000 Festangestellte und weitere 4.000 saisonale Hilfskräfte davon leben. Die anderen rund 800 Millionen Euro füllen die Kassen von Hotels und Gastronomen, Trachtenläden und Taxifahrern oder anderen Profiteuren."
Im Jahr 2019 besuchten insgesamt rund 6,3 Millionen Menschen das 186. Oktoberfest. Der Besucherrekord wurde im Jahr 1985 mit über 7 Millionen Besucher aufgestellt und 2011 mit rund 6,9 Millionen Besuchern beinahe erneut erreicht.
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