Prof. Dr. Harald Matthes, Stiftungsprofessor für anthroposophische Medizin an der Charité sowie Präsident der Deutschen Akademie für Homöopathie und Naturheilkunde, erlangte in den zurückliegenden Tagen erhöhte mediale Aufmerksamkeit. Grund waren die publizierten und kommentierten Ergebnisse einer von ihm ins Leben gerufenen ImpfSurv-Studie, die sich mit dem Thema Nebenwirkungen bei Corona-Impfungen auseinandersetzte.
Professor Matthes hatte in einem MDR-Beitrag erklärt, die Auswertungen vom Startdatum April 2021 bis zur Gegenwart würden nach seiner Ansicht deutlich alarmierende Zahlen hervorbringen. So könnten die Daten der finalen jüngsten Erkenntnisse belegen, dass bei 0,8 Prozent der Teilnehmer "mittlere, aber auch schwere Nebenwirkungen" nach einer Impfung aufgetreten waren. Diese Zahl unterscheidet sich elementar von der offiziell anerkannten Impfnebenwirkungen-Quote von 0,02 Prozent in Deutschland, des zuständigen Paul-Ehrlich Instituts (PEI).
Nach darauf folgenden medialen wie auch hausinternen Diskussionen und Stellungnahmen distanziert sich die Berliner Charité nun endgültig von Matthes und seiner Studie. Bekannt wurden diese Umstände durch eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Schulze an die Berliner Gesundheitssenatorin Gote von den Grünen. Gote bestätigte, dass die Charité-Leitung mittlerweile die Internet-Seite der Studie offline genommen hat, da die vorliegende Datenbasis vermeintlich nicht ausreiche, "um konkrete Schlussfolgerungen über Häufigkeiten in der Gesamtbevölkerung zu ziehen und verallgemeinernd zu interpretieren", so Charité-Sprecher Markus Heggen schon am 10. Mai auf Anfrage des ZDF.
Auf der Seite der Charité findet sich aktuell keine offizielle Pressemitteilung des Hauses zu dem Vorgehen gegenüber Professor Matthes und seiner Studie. Der Text zur Studie, lautete mit Wissen der Geschäftsführung im April 2021:
"Der ImpfSurv-Fragebogen erfasst neben den demographischen und klinischen Daten die Daten zu den Impfreaktionen und Nebenwirkungen der COVID-19 Impfung bzw. bei der Befragung COVID-19 erkrankter Personen bzw. nicht-erkrankter Personen die Krankheitssymptome bzw. Beschwerden. Zusätzlich werden Fragen zur mentalen Gesundheit erfasst."
Harald Matthes bezifferte in Medienbeiträgen die Größenordnung mit rund 40.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Charité-Sprecher Markus Heggen kritisiert in dem ZDF-Beitrag, dass "es sich bei der Untersuchung um eine offene Internetumfrage handele und damit nicht um eine wissenschaftliche Studie." Matthes Charité-Kollege Leif-Erik Sander, regierungsberatender Impfstoffforscher, hinterfragte ebenfalls die Methodik der Studie:
"Außerdem kann sich bei der Studie jeder online anmelden, die Identität wird nicht verifiziert, dadurch kann es leicht zu Verzerrungen kommen."
Matthes steht zu den Ergebnissen der Studie. "Angesichts von etwa einer halben Million Fällen mit schweren Nebenwirkungen nach COVID-Impfungen in Deutschland müssen wir Ärzte tätig werden", sagt er in dem MDR-Beitrag. Der Ehrenpräsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, führte mit Matthes in der österreichischen Talk-Sendung Klartext auf ServusTV eine erhitzte und kontroverse Diskussion zu den Studienergebnissen. Montgomery wörtlich in der Sendung:
"Ich bezweifele wirklich, dass es so viele (gemeldete Impfnebenwirkungen), so schwere sind."
Montgomery legte für Bürger, die sich kritisch zu den vorhandenen Impfstoffen und Impfkampagnen positionieren, im Oktober 2021 wörtlich seine persönliche 4-U-Regel fest:
"Ungeimpft, ungetestet, unbeugsam und unglaublich dumm."
Die Ergebnisse von Matthes, wie auch Fallbeispiele von erheblichen Impfnebenwirkungen im genannten MDR-Beitrag, kommentierte Montgomery in der Klartext-Sendung mit der Bemerkung:
"Was ja richtig ist, wir haben Impfnebenwirkungen, keine Frage. Es gibt in der Medizin einen ganz alten Satz: Was keine Nebenwirkungen hat, hat auch keine Wirkung."
Matthes verteidigte die Darlegungen seiner Studienergebnisse dahingehend, dass Impfnebenwirkungen "erst nach fünf, nach zehn oder sogar nach mehreren Wochen" auftreten könnten. Die diskutierte Zahl von 0,8 Prozent "schweren" Nebenwirkungsraten, in Matthes jüngsten Studien-Ergebnissen, wäre auch so schon in "Zulassungsstudien von BioNTech und Moderna" genannt und dokumentiert worden, so Matthes in dem Streitgespräch.
Die Berliner Zeitung kommentierte in einem aktuellen Beitrag zu den Ereignissen rund um die Studie: "Matthes’ Behauptungen verbreiteten sich rasch in den Medien und in "Querdenker"-Kreisen." Dem Begriff Studienergebnisse wurde das Wort "angeblichen" zugeteilt, um im Artikel darauf hinzuweisen: "die angeblichen Studienergebnisse von Matthes werden in den sozialen Netzwerken auch zusammen mit einen Artikel über den Vorstand der Krankenkasse BKK Provita verbreitet". Andreas Schöfbeck, langjähriges Vorstands-Mitglied, hatte im Februar, im Rahmen von Daten-Auswertungen, dem zuständigen Paul-Ehrlich Institut (PEI) vorgeworfen, zu wenige Fälle von Impfnebenwirkungen zu registrieren und zu dokumentieren. Schöfbeck wurde nach annähernd ähnlichen Abläufen der medialen und fachlichen Hinterfragung am Ende entlassen.
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