Die Bundeswehr besteht aus "mehr als Waffen und Ausrüstung, mehr als Befehl und Gehorsam". Werte, Normen und das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland leiten das Handeln aller Bundeswehr-Angehörigen und prägen so die Identität der Bundeswehr, heißt es in der Selbstbeschreibung per Internetauftritt.
Konsequent gegen extremistisches Verhalten in der Bundeswehr vorzugehen, bleibe "eine Daueraufgabe", sagte die Wehrbeauftragte Eva Högl während der Vorstellung ihres Jahresberichts für 2021 Mitte März. Das Kommando Spezialkräfte (KSK) sei nach der Neuaufstellung auf einem guten Weg. Nach Zahlen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) sei die Zahl der Verdachtsfälle bei Rechtsextremismus 2021 auf 589 (2020: 477) gestiegen. Laut Högl zeigt das, dass die Bundeswehr für das Thema sensibilisiert sei und es ein gesteigertes Bewusstsein gebe. In dem Bericht heißt es: "Wer sich gegen unsere Demokratie stellt, hat keinen Platz in der Truppe und muss sie zügig verlassen."
Demnach müsste es bald einen größeren Abgang geben, wenn man die gesamte Bundeswehr betrachtet und Verdachtsfälle sich bestätigen. Denn nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums wurde Ende des letzten Jahres in insgesamt 1.452 Verdachtsfällen gegen mutmaßliche Extremisten ermittelt. Dies waren 436 mehr als ein Jahr zuvor. Ein Großteil der Fälle, 85 Prozent, betrafen Rechtsextremismus. Bestätigte Extremismusfälle gab es insgesamt allerdings nur 17 – zwei mehr als ein Jahr zuvor. In zehn Fällen ging es um Rechtsextreme.
Das Bundesinnenministerium veröffentlicht am Freitag zum zweiten Mal ein Lagebild mit dem Titel "Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden". Der Bericht, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Thomas Haldenwang in Berlin vorstellen, gibt Auskunft darüber, wie viele Beamte und Angestellte von Polizei, Zoll oder Bundeswehr in den vergangenen Jahren unter Rechtsextremismusverdacht gerieten. Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern geben außerdem Auskunft darüber, wie viele dieser Mitarbeiter aus dem Staatsdienst entlassen wurden.
In dem Bericht erfasst der Verfassungsschutz laut einem Bericht des Spiegel alle ihm bekannten Fälle von Anfang Juli 2018 bis Ende Juni 2021. Bei den Sicherheitsbehörden des Bundes waren es demnach 138 Fälle, in denen ein Extremismusverdacht vorlag oder sich bereits bestätigt habe. Bei den Landessicherheitsbehörden waren es 189 Fälle. Dazu kommen 533 Prüffälle, in denen sich ein solcher Verdacht nicht erhärtet habe. Die meisten Fälle kamen aus den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, die jeweils gemessen an der Anzahl der Beschäftigten in solchen Behörden einen höheren Anteil haben.
Jede einzelne Meldung sei alarmierend: "Jeder einzelne Fall von Extremismus in Sicherheitsbehörden erschüttert das Vertrauen der Gesellschaft in staatliche Institutionen", zitiert der Spiegel aus dem Bericht. Schließlich ergebe sich daraus ein ganz "konkretes Gefahrenpotenzial", da die Mitarbeiter in Behörden oft Zugang zu sensiblen Daten und Interna oder Waffen und Munition haben und vom Staat daran ausgebildet wurden.
Der erste Bericht war noch unter dem früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erstellt und im Oktober 2020 veröffentlicht worden. Das damalige Lagebild zeigte, dass Beamte mit rechtsradikalen Ansichten häufig im direkten Umfeld Kontakt zu Kollegen haben, die ähnlich denken wie sie. Dabei war die Rede jeweils von Einzelfällen. Eine hohe Zahl von Fällen bei einer bestimmten Sicherheitsbehörde muss laut deren Sprecher nicht unbedingt bedeuten, dass dort besonders viele mutmaßliche Rechtsextremisten arbeiten. Es könne auch sein, dass die Vorgesetzten dort einfach mehr Problembewusstsein haben und deshalb genauer hinschauen als anderswo.
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