Skandal im Regierungsviertel: Erweiterungsbau des Bundestages wird zum BER-Desaster 2.0

2010 haben im Berliner Bundestagskomplex die Arbeiten für den Erweiterungsbau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses begonnen. Er soll Platz für weitere 300 Abgeordnetenbüros schaffen. Statt 2014 soll der Fertigstellungstermin jetzt im Jahr 2024 liegen. Neben einer immensen Kostenexplosion droht sogar ein Abriss.

Bislang galt der Pannen-Flughafen BER in Berlin als die bekannteste Problem-Baustelle des Landes. Nun rückt ein weiterer Bau der Bundeshauptstadt in den Fokus der Medien, das im Regierungsviertel liegende Marie-Elisabeth-Lüders-Haus. Im Rahmen der Erweiterung sollen 300 neue Abgeordnetenbüros geschaffen werden, sowie, mit Blick auf den Reichstag, ein Bistro mit Außengastronomie zur Spreeseite.

Baubeginn war im Jahre 2010. Die Fertigstellung sollte bei erster Zielsetzung 2014 erfolgen. Verzögerungen durch "Baupfusch", Kostenexplosionen und die 44. Bundes-Immissionsschutzverordnung rücken einen Termin "wohl nicht vor 2024" in Sichtweite, um die Baustelle besenrein zu übergeben, so die Einschätzung von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD). Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) äußerte sich dieser Tage gegenüber der Süddeutschen Zeitung mit der Prognose: "Definitiv nicht vor 2024." Schon letztes Jahr wurde die Zielmarke "Bundestagswahl 2021" eindeutig gerissen.

Eine Sprecherin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) teilte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) nun mit, dass sich die Gesamtkosten "nach jetzigem Stand auf 332 Millionen Euro" belaufen. Ursprünglich sollten sie bei 190 Millionen Euro liegen. 2017 war von 223 Millionen Euro die Rede. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, warnt derweil vor weiteren Kostensteigerungen und teilte dem RND noch eine andere Befürchtung mit:

"Die Dauerbaustelle des Erweiterungsbaus gleicht bisher einem Trauerspiel. Es bleibt zu hoffen, dass es für die Steuerzahler nicht in einer Misere endet und der Bau unvollendet wieder abgerissen werden muss."

Der Vorsitzende der Bau- und Raumkommission des Bundestags, Kubicki, wird von der Süddeutschen Zeitung (SZ) mit den Worten zitiert:

"Jedes Mal, wenn wir ein Problem lösen, taucht ein neues auf. Wir können jetzt nur beten...dann wird es abgerissen werden müssen."

Achillesverse der Baustelle ist aktuell die im Sommer 2019 in Kraft getretene 44. Bundes-Immissionsschutzverordnung. Die darüber nun geltenden verschärften Umweltstandards, unter anderem für Heizungen und Brandschutztechnik, bewirkten, dass die zuvor frisch installierte Anlage im Marie-Elisabeth-Lüders-Erweiterungsbau für Millionen Euro wieder ausgetauscht, bzw. ergänzt werden musste. Die SZ schreibt dazu:

"Das, was ursprünglich in die Erweiterung des Lüders-Hauses eingebaut wurde, entspricht damit nicht mehr den gesetzlichen Auflagen. Deshalb muss die Haustechnik nun teilweise erneuert und teilweise neu zertifiziert werden."

Die neuen Anlagen müssen nun bis spätestens Herbst 2022 eine Zertifizierungs-Prüfung überstehen, ansonsten droht neues Ungemach, bis hin zum angedeuteten "Abriss". Im Lüders-Haupthaus befindet sich die Bundestags-Bibliothek, die in einer großen Rotunde untergebracht ist, sowie das Parlamentsarchiv. Des Weiteren sind dort Sitzungsräume und 600 Büros sowie eine Sporthalle zu finden. In dem Erweiterungsbau sollen weitere 300 Büros, ein Bereich für Kunstausstellungen, das Bistro und weitere Flächen für das Parlamentsarchiv entstehen. Im Februar 2022 wurde deshalb der Luisenblock-West bezogen, bezogen auf die Adresse Luisenstraße, ein Übergangs-Modulbau, wodurch das Platzproblem des Bundestags zumindest kurzfristig gelindert werden soll.

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