Graffitischmierereien und anderer Vandalismus sind in Berlin allgegenwärtig. Am Donnerstag wurde aber erneut ein Ehrendenkmal für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen sowjetischen Soldaten zum Ziel eines Angriffs, den die russische Botschaft in Berlin als eindeutig russophob einstuft und der nun den Staatsschutz des Landeskriminalamts beschäftigt.
Am Donnerstag hatte sich die Russische Botschaft über Graffiti am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park in Berlin empört geäußert. Dort hatten bislang unbekannte Täter Parolen wie "Putin = Stalin", "Faschisten", Phrasen auf Russisch, ein zum Hakenkreuz geformtes "Z" oder auf Englisch gar die Aufforderung "Tod allen Russen" verbreitet. Das ukrainische Parlament behauptete am Freitagmorgen auf Twitter, dass Graffiti-Künstler damit die "wahren Faschisten" identifiziert hätten.
Die Russische Botschaft veröffentlichte Fotos der Beschmierungen und teilte mit, man betrachte diese "verabscheuungswürdige Aktion als eine zynische Verletzung des Gedenkens an die Soldaten, die ihr Leben für die Befreiung der Welt und Europas vom Nationalsozialismus gegeben haben".
"Erneut weisen wir darauf hin, dass jeder tolerante Umgang mit Bekundungen von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, mit Versuchen, in Deutschland russophobe Stimmungen zu entfachen und russischsprachige Bürgerinnen und Bürger zu diskriminieren, nicht hinnehmbar ist."
Die Botschaft habe umgehend die deutschen Strafverfolgungsbehörden informiert und eine Protestnote an das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland gesandt. Darin wurde gefordert, dass die Folgen des Vandalismus beseitigt, die Umstände des Vorfalls aufgeklärt, die Schuldigen vor Gericht gestellt und umfassende Maßnahmen ergriffen werden, um eine Wiederholung derartiger Vorfälle zu verhindern.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden von der Roten Armee im Stadtgebiet von Berlin vier sowjetische Ehrenmale angelegt, welche an die getöteten Rotarmisten erinnern, von denen etwa 80.000 sowjetische Soldaten bei der Eroberung Berlins gefallen waren. Die Anlage im Treptower Park ist das prominenteste Ehrenmal in Berlin und zugleich Gedenkstätte und Friedhof für über 7.000 Soldaten. Als sowjetische Kriegsgräberstätten sind die Anlagen gemäß Gräbergesetz und der Vereinbarung über den Erhalt und die Pflege der Kriegsgräberstätten von 1992 durch den deutschen Staat dauerhaft zu erhalten und zu pflegen.
Am Dienstag war das Ernst-Thälmann-Denkmal in Prenzlauer Berg beschmiert worden. Im März wurden zwei Weltkriegs-Panzer am Sowjetischen Ehrenmal in der Nähe des Brandenburger Tores in Berlin mit je einer großen ukrainischen Fahne verhüllt. Polizisten entfernten die Fahnen kurze Zeit später. Die russische Botschaft protestierte nach eigenen Angaben auch damals offiziell beim Auswärtigen Amt und forderte, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Die diplomatische Vertretung rief in beiden Fällen dazu auf, ihr mögliche Übergriffe auf sowjetische Kriegsgräber und Gedenkstätten an anderen Orten direkt zu melden.
Am Freitagmittag waren im Treptower Park nur noch einige Farbreste und Spuren der Reinigung zu erkennen, der Großteil des Ehrendenkmals war wieder sauber.
Berichten zufolge hatte eine Objektschutzstreife die Schmiererei kurz vor 1 Uhr in der Nacht entdeckt und umgehend unkenntlich gemacht. Der Staatsschutz des Landeskriminalamts ermittelt wegen Sachbeschädigung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Laut der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) ist dieser Vorfall "ein gefährliches Beispiel für die geschichtsverfälschenden Narrative", die nicht erst seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine im Umlauf seien. Gegenüber dem nd sagte die Vorsitzende des VVN-BdA, Cornelia Kerth: "Wir dürfen nicht vergessen, dass die Sowjetunion von Nazi-Deutschland überfallen wurde und im Verlauf des Krieges über 25 Millionen Opfer zu beklagen hatte; ein erheblicher Teil von ihnen stammte übrigens aus der Ukraine. Die Russische Föderation ist nicht die Sowjetunion."
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