Seit dem Beginn der russischen Militäroperation in der Ukraine erlebt die deutsche Friedensbewegung einen Aufschwung und Massenzulauf, wie sie ihn seit fast zwei Jahrzehnten - wenn nicht noch länger - nicht kannte.
Ob die Demonstranten aber in jedem Fall wissen, zusammen mit welchen Akteuren sie für den Frieden demonstrieren und was für Parolen da gebrüllt und von manch Deutschem - wissentlich oder unwissentlich - übernommen werden?
Dieses Video zeigt eine proukrainische Friedenskundgebung auf dem Markt in Leipzig. Links ist das altehrwürdige Alte Rathaus zu sehen, das rechtsradikale und nationalsozialistische Parolen zuletzt vor fast 80 Jahren gehört hat. Leipzig rühmt sich, eine antifaschistische Stadt zu sein, und jeder rechtsradikale Versuch in der Stadt zu demonstrieren, ruft sonst Gegenproteste und Sitzblockaden von Tausenden hervor.
Was skandieren die Demonstranten aber auf diesem Video? Wir haben es übersetzt:
"Ruhm der Ukraine!" - "Ruhm den Helden!"
"Ruhm der Ukraine!" - "Ruhm den Helden!"
"Ruhm der Ukraine!" - "Ruhm den Helden!"
"Ruhm der Nation!" - "Tod den Feinden!"
"Ruhm der Nation!" - "Tod den Feinden!"
"Ruhm der Nation!" - "Tod den Feinden!"
Die beiden nachfolgenden Sprechchöre enthalten obszöne Beleidigungen Putins und eines russischen Kriegsschiffs. Sie sind relativ jung und historisch nicht vorbelastet.
Sehr wohl sind aber die beiden vorstehend übersetzten Parolen historisch vorbelastet - und wie! Den beiden zitierten folgt in den Sprechchören der ukrainischen Nationalisten gewöhnlich noch eine dritte Parole, die man den Leipzigern in diesem Video erspart hat. Zu offensichtlich wäre dann wohl die Verbindung zum Zweiten Weltkrieg und der westukrainischen Gefolgschaft Hitlers, in deren Tradition sich der ukrainische Staat und große Teile der ukrainischen Gesellschaft nach dem Sieg des Euromaidan gestellt haben.
Die dritte Parole lautet: "Ukraine - über alles!" Und ja, dies ist die genaue Entsprechung von "Deutschland über alles", genau wie die ersten beiden als ukrainische Entsprechung zum deutschen "Sieg heil!" und ähnlichen nationalsozialistischen Grußformeln gedacht waren.
Sie meinen, dies sei "russische Propaganda"? Dann lassen wir historische Dokumente sprechen. Dies sind die Beschlüsse der Organisation Ukrainischer Nationalisten (Bandera-Flügel), die auf ihrem Kongress im April 1941, zwei Monate vor dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion, im deutsch besetzten Krakau gefasst wurden:
Hier können die Beschlüsse im Webarchiv heruntergeladen werden.
Der dritte Punkt im Kapitel 4 der Beschlüsse lautet:
"Der Gruß der Organisation hat die Form des Erhebens der ausgestreckten rechten Hand schräg nach Rechts über Kopfhöhe. Verpflichtend sind die Worte des vollständigen Grußes: "Ruhm der Ukraine" und als Antwort "Ruhm den Helden". Erlaubt ist die Abkürzung "Ruhm" - "Ruhm"".
Wenn jemand versuchen will, den körperlichen Teil des in diesen Beschlüssen festgelegten verbindlichen Grußes nachzumachen, dann bitte nicht in der Öffentlichkeit: In Deutschland ist dies strafbar.
Die Organisation der Ukrainischen Nationalisten folgte 1941 den deutschen Truppen auf das Gebiet der Sowjetukraine und beteiligte sich dort an zahlreichen Massakern an Juden, Russen und Kommunisten. Zeitweilig überwarf man sich mit den deutschen Besatzern, in deren Plänen eine unabhängige Ukraine zu Alfred Rosenbergs Bestürzung nicht vorkam.
Doch auch während Stepan Bandera unter relativ komfortablen Bedingungen im Zellenbau in Sachsenhausen inhaftiert war (im September 1944 wurde er entlassen und stellte sich wieder bereitwillig in Hitlers Dienste), dienten nahezu alle ukrainischen Nationalisten dem deutschen Nationalsozialismus, den sie auch als Modell für die künftige Ukraine deklarierten. Die Kollaboration hatte unterschiedliche Formen: Als örtliche Polizei, als Mitglied der Ukrainischen Aufständischenarmee (UPA), als Personal der Waffen-SS Division "Galizien". Allen gemeinsam war, dass sie der Roten Armee in den Rücken schossen, während diese auf dem Weg war, Auschwitz zu befreien.
Seit 1991 tönen diese und andere nationalistischen Parolen immer lauter in der Ukraine. Nach dem Sieg des Euromaidan wurden sie Staatsdoktrin und teilweise offizielle Grußformeln der ukrainischen Armee. Und nun sind sie in Deutschland angekommen. Nicht nur in Leipzig.
Niemand soll sagen, er hätte es nicht gewusst.
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