Für die meisten Bürger dieses Landes unbemerkt, änderte das Robert Koch-Institut (RKI) am 28. Februar auf seiner Seite entscheidende Aussagen in seiner "Risikobewertung zu COVID-19". In der alten Version hieß es als aktuelle Begründung für eine Bewertungsnotwendigkeit, dass die Gültigkeit der vorherigen Aktualisierung und Anpassung "aufgrund der Ausbreitung der Omikronvariante besonders in den Abschnitten Hintergrund, Empfehlungen und Krankheitsschwere" erfolgte. Die nun aktualisierte Textversion lautet: "Kürzungen im Text und Anpassungen in den Abschnitten Hintergrund, Empfehlungen und Krankheitsschwere".
Die Risikobewertung durch das RKI diente rückwirkend der Bundesregierung für die fortlaufende Argumentationslinie ihrer Maßnahmenpolitik. Bezugnehmend der aktuellen Diskussion einer möglichen Impfpflicht ab Oktober 2022 dient sie jedoch argumentativ auch der Bundestagsgruppe, die am 3. März ihren "Entwurf eines Gesetzes zur Aufklärung, Beratung und Impfung aller Volljährigen gegen SARS-CoV-2" veröffentlichte (Bundestagsdrucksache 20/899, Seite 3). Bis zum 28. Februar war folgende Formulierung auf der Seite des RKI vorzufinden:
"Damit die Infektionsdynamik zurückgeht, müssen so viele Übertragungen wie möglich vermieden werden. Hierfür sind sowohl Kontaktreduktion und Einhaltung der AHA+L-Regeln sowie die Impfung erforderlich."
Seit vergangener Woche lautet die Textpassage unter dem Punkt "Risikobewertung zu COVID-19" nun aktualisiert, d.h. ohne den expliziten Verweis auf die potenzielle Chance einer Vermeidung von Infektionen, dem sogenannten Fremdschutz durch erhaltene Impfungen, nur noch:
"Die Impfung bietet grundsätzlich einen guten Schutz vor schwerer Erkrankung und Hospitalisierung durch COVID-19, dies gilt auch für die Omikronvariante."
Unter dem Punkt "Übertragbarkeit" erfolgt in der neuen Version nur noch der Hinweis seitens des RKI, dass "auch die Impfungen das Risiko von Übertragungen reduzieren, insbesondere in den ersten Wochen nach einer Impfung", eine Abschwächung in der Formulierung. In der alten Version hieß es noch: "... die Schutzwirkung (der Impfung) – insbesondere hinsichtlich mild verlaufender Erkrankungen – lässt allerdings nach wenigen Monaten nach." Des Weiteren hieß es in der alten Version, dass:
"insbesondere den noch nicht grundimmunisierten Personen dringend empfohlen (wird), sich gegen COVID-19 impfen zu lassen und hierbei auf einen vollständigen Impfschutz zu achten". Für die Senkung der Neuinfektionen, den Schutz der Risikogruppen und die Minimierung schwerer Erkrankungen und Todesfälle ist die Impfung der Bevölkerung von zentraler Bedeutung."
Dieser Abschnitt wurde für die Aktualisierung komplett rausgenommen. Bezugnehmend einer weiterhin vorhandenen Notwendigkeit der AHA-Regeln (Abstand einhalten, Hygieneregeln beachten, Alltagsmasken tragen) heißt es in der aktuellen Version: "Alle diese Empfehlungen gelten auch für Geimpfte und Genesene unabhängig von dem angenommenen individuellen Immunschutz und helfen auch dabei, die Krankheitslast durch weitere akute Atemwegsinfektionen wie die Influenza zu reduzieren." Hierbei sticht die Formulierung "angenommenen individuellen Immunschutz" hervor.
Es wird sich zeitnah zeigen, ob die nun bekanntgewordene Aktualisierung der "Risikobewertung zu COVID-19" bei der kommenden Bundestagsdebatte am 17. März im Bundestag über eine mögliche Impfpflicht für die Bürger dieses Landes Auswirkungen auf die individuelle Entscheidung der Bundestagsabgeordneten mit sich bringt.
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