Nach Informationen der Bild-Zeitung möchte Gesundheitsminister Karl Lauterbach künftig wesentliche Entscheidungen in der aktuellen Maßnahmenphase allein treffen können. Ein erster Schritt ist der Entzug der Entscheidungsgewalt für den Leiter des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, zum Thema Fristen für den Genesenen- oder Geimpften-Status. Dafür hat Karl Lauterbach extra einen Satz in den aktuellen Beschlussentwurf für den Bund-Länder-Gipfel am heutigen Mittwoch schreiben lassen. Laut Angaben der Tagesschau lautet die dementsprechende Formulierung unter Punkt 8:
"Bei der vom Bundesminister der Gesundheit angestoßenen Überarbeitung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-AusnahmenVerordnung (SchAusnahmV) entfällt in Hinblick auf die Festlegungen zum Geimpften- und Genesenenstatus die Delegation auf das Paul-Ehrlich-Institut und Robert Koch-Institut (RKI)."
Der Bild-Zeitung gab Lauterbach persönlich die Begründung für diese Entscheidung an:
"Über tiefgreifende Entscheidungen wie etwa den Genesenenstatus möchte ich selbst und direkt entscheiden. Sonst trage ich die politische Verantwortung für das Handeln anderer."
Ob dem RKI oder auch dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) zeitnah noch weitere Kompetenzen durch den Gesundheitsminister entzogen werden, wurde in dem Bild-Artikel nicht thematisiert. Zu Jahresbeginn hatte das RKI den Genesenenstatus überraschend in einem eigenen Vorgang von sechs auf drei Monate verkürzt. Dies stieß auf Irritationen und spätere massive Kritik. Rein rechtlich hatte das RKI wie auch das PEI mit der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung vom Januar die theoretische Ermächtigung, darüber zu entscheiden, wer unter welchen Umständen und wie lange als genesen beziehungsweise geimpft gilt. Nun möchte Lauterbach diesen Status quo revidieren.
Minister Lauterbach hatte sich noch im Anschluss der aktualisierten Genesenen-Regelung demonstrativ vor den RKI-Behördenchef gestellt und ihm sein unbedingtes Vertrauen versichert. Die lauteste Kritik kam aus den Reihen der FDP. FDP-Chef Christian Lindner äußerte "große Zweifel" an der Entscheidung des RKI. Seine persönliche Einschätzung lautete Anfang Februar:
"Die fachliche und die Kommunikations-Entscheidung lag in den Händen von Herrn Wieler und ich glaube, man darf sagen, dass das außerordentlich unglücklich war."
Die Bild-Zeitung berichtet über einen Vorgang, der seitens des RKI, Lothar Wieler und auch dem Gesundheitsministerium unbestätigt ist. Demnach soll am Montag dieser Woche Lothar Wieler nach "Teilnehmer-Angaben beim Verband der Sicherheitstechnik" über die FDP gesagt haben: "Für ihn habe der Begriff 'Gelbe Gefahr' (Negativ-Begriff aus der Kolonialzeit für China) eine neue Bedeutung gewonnen. Und: Er werde nicht mehr lange im Amt sein", so die Darlegung im Bild-Artikel.
Unmittelbar vor den Bund-Länder-Beratungen zum künftigen Corona-Kurs hat Karl Lauterbach sich gegen ein komplettes Zurückfahren der Corona-Auflagen gewandt. Es sei "Zeit für Lockerungen mit Augenmaß", so Lauterbachs Formulierung gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Seine Argumentation zur weiteren Strategie der Bundesregierung lautet, dass das Virus "nicht von heute auf morgen verschwinde". Lauterbach laut dpa:
"Deswegen müssen wir das Infektionsschutzgesetz so formulieren, dass der Basisschutz gewährleistet bleibt und bei Bedarf ausgedehnt werden kann. Den Text werden wir im parlamentarischen Verfahren ergänzen, so dass auch nach dem 20. März mehr möglich ist als Maske und Abstand."
Die Zeit, "die Corona-Auflagen komplett zurückzufahren", sei laut dem Minister noch nicht da. Lauterbach betonte gegenüber der dpa: "Die Länder brauchen ein größeres Corona- Besteck." Auch in der Gesetzgebung müsse man sich demnach zukünftig nach den Einschätzungen des Ministers "auf ein Leben mit Corona einstellen." Das Bundesgesundheitsministerium empfiehlt daher weiterhin den Bürgern:
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