Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hofft, dass eine allgemeine Impfpflicht nach einer entsprechenden Entscheidung des Bundestags schnell in Kraft tritt. Am Dienstagabend erklärte er in der Sendung RTL Direkt, dass die Impfpflicht schnell kommen müsse:
"Wenn wir einen Antrag machen wollen, der noch funktioniert, dann ist das ein Antrag, der die Impfpflicht in Kraft setzt – was weiß ich – im April oder um den April herum, vielleicht im Mai."
Lauterbachs Auffassung zufolge sei dies nötig, damit bisher ungeimpfte Personen bis zum Herbst vakziniert werden. Wer noch nicht geimpft sei, müsse drei Impfstoffdosen erhalten, damit man die Herbstwelle "abwenden könne". Bis dahin sei man schon im September oder Oktober, so der Minister. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) befürwortet die allgemeine Impfpflicht. Statt eines Regierungsvorschlags sollen jedoch Abgeordnetengruppen Vorschläge ins Parlament einbringen.
Die Sieben-Tage-Inzidenz war zuletzt deutlich gestiegen, Lauterbach erwartet jedoch, dass sie weiter steigen werde. Er erklärte, dass der Höhepunkt der Welle wahrscheinlich Mitte Februar erreicht sein dürfte. Der Gesundheitsminister sagte zudem, dass die Inzidenz deutlich höher liegen dürfte als der am Dienstag gemeldete Wert von 553 und geht von einer Dunkelziffer, die "ungefähr beim Faktor zwei" liegen dürfte, aus.
"Ob es tausend sind, wissen wir nicht genau."
Lauterbach ist zudem der Meinung, dass sich jeder infizieren werde, was seiner Auffassung zufolge die Impfung jedoch nicht überflüssig mache. Es gibt immer noch keine Grundimmunität "besonders bei Alten und Kranken", warnte Lauterbach. Weshalb daraus eine allgemeine Impfpflicht resultieren sollte, ließ der Minister jedoch offen.
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, hatte unterdessen klargestellt, dass die rund 100.000 niedergelassenen Kassenärzte die Impfpflicht, sofern sie beschlossen wird, nicht umsetzen werden. Gegenüber dem Boulevard-Blatt Bild erklärte er:
"Wir werden unseren Ärzten nicht zumuten, eine Impfpflicht gegen den Willen der Patienten zu exekutieren."
Die Praxen seien "kein Ort, um staatliche Maßnahmen durchzusetzen", da eine Praxis vom Vertrauen zwischen Arzt und Patient lebe, so Gassen. Dabei gehe es nicht darum, dass man die Impfung nicht befürworte. Die Voraussetzung sei jedoch, dass sich die Menschen freiwillig impfen lassen. Die Kassenärzte lehnen auch die vom nordrhein-westfälischen Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann vorgeschlagene und heftig umstrittene Beratungspflicht ab. Der Vize-Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Stefan Hofmeister, begründete dies damit, dass die Entscheidung für oder gegen eine Impfpflicht "eine politische" sei.
"Wenn die Bundesregierung diese beschließen will, muss sie sich auch um die Umsetzung kümmern."
Hofmeister forderte auch, andere Thematiken zu diskutieren:
"Ich will endlich von Verantwortlichen hören, ab welchen Parametern wir die Corona-Maßnahmen zurückfahren. Ab welcher Impfquote hören wir denn auf, Maske zu tragen?"
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