Auf der Internetseite der Bundeswehr heißt dieser Einsatz "Die Bundeswehr in Jordanien, über Syrien und im Irak". Noch, denn gerade der Einsatz im Himmel über Syrien ohne Zustimmung dieses UNO-Mitgliedsstaats und ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates ist völker- und verfassungsrechtlich in hohem Maße bedenklich.
Der Einsatz begann 2015 mit dem verkündeten Ziel, das Vordringen der Terrororganisation "Islamischer Staat" zu stoppen. Das derzeitige Mandat, vom Bundestag zuletzt im Jahr 2020 verlängert und bis zum 13. Januar 2022 befristet, erlaubt den Einsatz von bis zu 500 Soldaten der Bundeswehr in Jordanien, dem Irak und eben über Syrien. Aktuell dürften es zwischen 250 und 280 Deutsche sein, die in zwei Missionen, benannt Operation Counter Daesh (Daesh ist die amerikanische Bezeichnung des "Islamischen Staates") und Capacity Building Iraq, entweder kurdische Kämpfer ausbilden, den Luftraum überwachen oder mit einem Tankflugzeug Kampfjets anderer NATO-Staaten betanken. Stationiert sind sie hauptsächlich in Jordanien.
Das auslaufende Mandat soll nun verlängert werden. Doch ausgerechnet die Grünen, die ihre friedenspolitische Unschuld bereits 1999 verloren haben, als der grüne Außenminister Fischer die Bundeswehr in den ersten Kriegseinsatz ihrer Geschichte steuerte, zieren sich bislang, die Zustimmung zur Verlängerung zu erteilen. Bei der letztmaligen Abstimmung über die Verlängerung am 29. Oktober 2020 stimmte die Fraktion der Grünen – damals in der Opposition – geschlossen dagegen.
Wie damals wird auch bei der Abstimmung am Freitag eine Mehrheit aus CDU/CSU, der SPD und der FDP für den Einsatz stimmen. Für die Ampelkoalition und Bundeskanzler Olaf Scholz ist das Erreichen einer Mehrheit aus eigener Kraft von besonderer symbolischer Bedeutung: War die nach außen getragene Einigkeit der Koalitionäre echt, hält sie der ersten Bewährungsprobe stand?
Um den grünen Abgeordneten das Einhalten der Koalitionsdisziplin und die abermalige Missachtung der früheren pazifistischen Grundsätze leichter von der Hand gehen zu lassen, wird der rechtlich problematischste Teil des Einsatzes – der über syrischem Gebiet – aus dem Mandat gestrichen. Außerdem soll das Mandat dieses Mal "nur" um 9 Monate verlängert werden.
Damit ist nur ein Teil der Kritik und der Fragen an diesen Einsatz, die die Grünen im Herbst 2020 zu Ablehnung der Mandatsverlängerung bewogen haben, beantwortet. In der Bundestagsdebatte am 29. Oktober 2020 begründete der Abgeordnete Tobias Lindner, der für die Fraktion Bündnis90/Die Grünen sprach, die Ablehnung seiner Fraktion mit der Rechtswidrigkeit auch des Irak-Einsatzes: Er finde außerhalb der Systeme kollektiver Sicherheit statt und habe keine völkerrechtliche Grundlage. Überdies hielt man ihn damals für untauglich, für Frieden im Irak zu sorgen. Was sich an beiden Punkten verändert hätte, wenn man nicht mehr völkerrechtswidrig über Syrien fliegt, wird die Fraktion der Grünen am Freitag beantworten. Oder auch nicht.
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