Trotz seines eigentlich zeitintensiven Postens als Bundesgesundheitsminister scheint Karl Lauterbach noch erstaunlich viel Zeit für seine Twitter-Aktivitäten zu finden. So twitterte er unter anderem am 8. Januar:
"Der CDC Report zeigt bei Kindern und Jugendlichen nach COVID Infektion ein erhöhtes Risiko Diabetes zu entwickeln. Ob das bei Omicron auch gilt wissen wir noch nicht. Ich halte die Impfung für die bessere Lösung, dort sieht man solche Komplikationen nicht."
Doch bereits zum Zeitpunkt des Tweets des deutschen Bundesgesundheitsministers gab es massive Kritik aus Fachkreisen an ebendieser CDC-Studie,so etwa am 7. Januar vom Medizinprofessor Walid Gellad von der University of Pittsburg und Leiter des Zentrums für Arzneimittelpolitik. Unterstützt wurde er in seiner Kritik unter anderem von den zwei renommierten Harvard-Professoren Joseph Allen sowie Jeffrey Flier. Sie betonen unter anderem die Fokussierung auf eine einzige Diabetes-Codierung und das komplette Fehlen von Daten zu Schlüsselvariablen wie bereits akuter Diabetes vor einer Corona-Infektion sowie über bestehende Fettleibigkeit (Adipositas).
Aber damit nicht genug, auch die Studienautoren selbst räumen auf Seite 6 der Untersuchung die enormen Begrenzungen ("limitations") ihrer Studie ein. Jedoch findet sich darüber kein Wort im Twitter-Thread des neuen deutschen Gesundheitsministers. Dieser geht sogar noch einen Schritt weiter und behauptet im selben Tweet, dass man bei Impflingen "solche Komplikationen [Diabetes]" nicht sähe.
Allerdings straft allein ein Blick auf den aktuellen "Bericht über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung zum Schutz vor COVID-19" des Paul-Ehrlich-Instituts diese Minister-Aussage Lügen: Dort heißt es auf Seite 16:
"Bei insgesamt neun Jugendlichen (fünf männliche und vier weibliche Jugendliche) im Alter von 13 bis 17 Jahren wurden Impfkomplikationen im zeitlichen Abstand zur Impfung von drei Tagen bis elf Wochen berichtet, die als bleibender Schaden beschrieben wurden. In fünf Fällen wurde ein Diabetes mellitus Typ 1 (zwei weibliche und drei männliche Jugendliche) nach Impfung diagnostiziert."
Vor diesem Hintergrund wollte RT DE-Redakteur Florian Warweg auf der Bundespressekonferenz vom Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums wissen, wieso Karl Lauterbach in seiner Funktion als Bundesminister Studien verbreitet, aber mit keinem Wort die dramatische Kritik aus Fachkreisen daran benennt und ob er tatsächlich die Studien liest, über die er regelmäßig etwas auf Twitter verbreitet:
"Können Sie uns denn zumindest versichern, dass Herr Lauterbach sowohl in diesem speziellen Fall als auch allgemein zuvor die entsprechenden Studien in ihrer Gesamtheit gelesen hat, in diesem Fall inklusive der auf Seite 6 ausgeführten 'limitations'?"
Der Sprecher des Gesundheitsministeriums wusste sich scheinbar im Gegenzug nur mit einer faktenfreien Unterstellung zu helfen:
"Herr Warweg, Sie versuchen mit dieser Frage zu insinuieren, dass eine Corona-Infektion bei Kindern gar nicht schlimm sei. Dem kann ich allerdings widersprechen."
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Kompletter Protokollauszug aus der BPK zu dieser Thematik:
FRAGE WARWEG:
"Herr Lauterbach hat am 8. Januar auf eine CDC-Studie verwiesen und erklärt, dass Kinder nach einer Corona-Infektion ein erhöhtes Risiko hätten, Diabetes zu entwickeln. Diese Studie war allerdings nicht ge-peer-reviewt. Auch zum Zeitpunkt seines Tweets gab es massive Kritik aus US-Fachkreisen, die diese Studie wegen des mediokren Forschungsdesigns als mangelhaft benannt haben.
Aus welchen Gründen hat Herr Lauterbach, der diese Studie in seiner Funktion als Gesundheitsminister verbreitet hat, nicht auf diese Kritik aus den Fachkreisen verwiesen?"
KAUTZ:
"Herr Warweg, Sie müssen es mir nachsehen, dass ich nicht jeden Tweet, nicht die Hintergründe jedes Tweets und vor allen Dingen nicht die Motivation, warum man eine Reaktion auf einen Tweet nicht mit einem Tweet beantwortet, beim Minister nachfrage. Insofern kann ich Ihre Frage nicht beantworten.
Abgesehen davon will ich solche Wissenschaftsfragen eigentlich nicht hier in diesem Rahmen beantworten."
ZUSATZFRAGE WARWEG:
"Können Sie uns denn zumindest versichern, dass Herr Lauterbach sowohl in diesem speziellen Fall als auch allgemein zuvor die entsprechenden Studien in ihrer Gesamtheit gelesen hat, in diesem Fall inklusive der auf Seite 6 ausgeführten "limitations"?
KAUTZ:
"Herr Warweg, Sie versuchen mit dieser Frage zu insinuieren, dass eine Corona-Infektion bei Kindern gar nicht schlimm sei. Dem kann ich allerdings widersprechen. Wir sollten versuchen, jede Infektion zu vermeiden, auch bei Kindern. Es ist nicht klar, inwiefern das Langzeitwirkungen hat. Es gibt auch Kinder, die an Corona schwer erkranken. Insofern würde ich dem widersprechen."