Der Plan des Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD), bis März eine Impfpflicht einzuführen, ist im bisher geplanten Zeitrahmen wohl nicht möglich. Wie der Tagesspiegel aus Koalitionskreisen erfahren haben will, sind die Gründe dafür juristische Fragen sowie der Zeitplan von Bundestag und Bundesrat. Nachdem die Bundesregierung eine Impfpflicht gegen Corona im letzten Jahr zunächst kategorisch ausgeschlossen hatte, verkündete Scholz Ende November 2021, eine allgemeine Impfpflicht solle "spätestens ab Anfang März" für alle Bewohner in Deutschland gelten.
Über eine angestrebte Impfpflicht soll demnächst im Bundestag ohne Vorgabe einer verbindlichen Fraktionsdisziplin abgestimmt werden. Am 26. oder 27. Januar soll es zunächst eine Orientierungsdebatte im Deutschen Bundestag geben. Aufgrund des Karnevals ist in diesem Zeitraum nur eine Sitzungswoche angesetzt, die Entscheidung einer Abstimmung kann also frühestens am 14. März fallen. Der Bundesrat muss dann ebenfalls noch zustimmen, dieser tagt jedoch danach erst wieder am 8. April. Vor Anfang Mai könnte demnach die Impfpflicht ohne zusätzliche Sondersitzungen kaum gesetzlich eingeführt werden. Wenn zusätzlich noch ein zentrales Impfregister aufgebaut wird, könnte die Pflicht auch erst im Juni in Kraft treten. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Wiese erklärte gegenüber der Zeitung:
"Die Beratungen im Bundestag sollten wir im ersten Quartal zum Abschluss bringen."
Der Zeitpunkt sei "anspruchsvoll", doch die Impfpflicht sei nun "perspektivisch eine Vorsorge für den kommenden Herbst und Winter". In der kommenden Woche werde die SPD-Bundestagsfraktion zunächst mit Mitgliedern des Ethikrates, mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten und mit Juristen beraten. Scholz war Fragen nach dem Zeitrahmen zur Einführung einer Impfpflicht nach der Bund-Länder-Konferenz am Freitag zunächst ausgewichen. Die Unionsparteien nutzten ihre neue Rolle in der Opposition unterdessen, um der "Ampel"-Koalition vorzuwerfen, diese verschleppe das Vorhaben wegen Bedenken der FDP.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) kündigte an, dass im Falle einer Zustimmung die Impfpflicht rasch umgesetzt werden könne. Dass die Impfpflicht an juristischen Gründen scheitern könne, glaube er nicht, wie er gegenüber dem Boulevardblatt Bild am Sonntag erklärte. Aus Zeitgründen lehnt er aber die Einführung eines Impfregisters für die Impfpflicht ab, da dies Jahre dauern könne. Bei Verstößen gegen die Impfpflicht will Buschmann Bußgelder verhängen, die Anordnung solle so ähnlich kontrolliert werden wie die Einhaltung der 3G-Regel im öffentlichen Nahverkehr.
In den Mainstream-Medien heißt es unterdessen, dass Scholz sein "Impfpflicht-Versprechen" nicht mehr halten kann. Dass die Bundesregierung noch im letzten Jahr versicherte, es werde keine Impfpflicht geben, scheint in den Redaktionen von Tagesspiegel, Bild, Focus und Co. für die aktuelle Berichterstattung keine Rolle mehr zu spielen.
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