Ist Containern Diebstahl? - Jesuitenpater zeigt sich nach Lebensmittelrettung selbst an

Der Jesuitenpater Jörg Alt rettet in Nürnberg Essen aus Müll-Containern und verteilt es an Bedürftige. Nun hat er sich selbst angezeigt und erhielt ein Ermittlungsverfahren. Alt will auf den "ungerechten" Strafbestand Containern hinweisen.

Der Nürnberger Jesuitenpater Jörg Alt klettert regelmäßig über Zäune von Großdiscountern, um aus versperrten Müllbehältern, die er zusammen mit Aktivisten öffnet, abgelaufene, aber noch genieß- und essbare Lebensmittel zu retten.

Dazu gehören Obst, Gemüse, Fertiggerichte, Brot und Milchprodukte. Diese Art der "Lebensmittel-Rettung" nennt sich "Containern" und stellt in Deutschland den Strafbestand des Diebstahls dar.

"Laut bayerischer Rechtsprechung handelt es sich beim Containern um einen Diebstahl aus verschlossenen Behältern von herrenlosen Dingen", erklärte Jörg Alt beim Verteilen der Ware kurz vor Weihnachten in der Nürnberger Innenstadt.

Der Pater hat sich im Rahmen einer Selbstanzeige nun ein Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth eingehandelt, worauf er jedoch spekuliert hatte. Er möchte den Strafbestand "Containern" in die öffentliche Diskussion und Wahrnehmung bringen, um im Bestfalle die Regierung zu einer Gesetzesänderung zu motivieren. Er koordiniert seine Aktion über eine begleitende Social-Media-Kampagne:

Die aktuell vor der Vernichtung bewahrten Lebensmittel verteilte er kostenlos vor einer Discounterfiliale. Mit der Aktion will der Priester auf ein Gesetz aufmerksam machen, das es in Deutschland verbietet, noch essbare Nahrungsmittel aus den Mülltonnen von Supermärkten zu holen. Aufgrund des Tatbestands nahm die Polizei vor Ort die Personalien auf und gab sie an die Staatsanwaltschaft weiter: "Das läuft wie bei jedem anderen Ermittlungsverfahren auch", sagte Polizeisprecher Michael Petzold. Außerdem geht eine Meldung an die Stadt Nürnberg. Die muss prüfen, ob es sich um eine nicht angemeldete Versammlung gehandelt hat, so die Information laut BR24.

Auf das nun zugestellte Ermittlungsverfahren reagierte der Priester zufrieden: "Mit dem "peinlichen Verfahren" könne er die Bundesregierung daran erinnern, dass im Ampel-Koalitionsvertrag ein Lebensmittelrettungsgesetz versprochen werde. Für ein solches Gesetz existiere bereits ein umsetzungsfertiger Vorschlag. "Auf Seite 45 des Koalitionsvertrags steht eine entsprechende Absichtserklärung" (...) "Es gibt also keinen Grund, die Dinge zu verzögern", so die erste Einschätzung von Alt laut Süddeutscher Zeitung.

Alt erfährt hohen Zuspruch in den sozialen Medien bezugnehmend seiner Aktion und dem drohenden Verfahren:

"Jedes Jahr landen aus unterschiedlichsten Gründen in Deutschland zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel im Abfall."

Laut Informationen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hat die Primärproduktion daran einen Anteil von zwölf Prozent (1,4 Mio. Tonnen). Gefolgt von der "Verarbeitung" (18 Prozent = 2,2 Mio. Tonnen). An dritter Stelle folgt die Vernichtung von Lebensmitteln über den Handel (vier Prozent = 0,5 Mio. Tonnen).

Seit 2016 dürfen in Frankreich zum Beispiel Handel und Discounter keine Lebensmittel mehr wegwerfen und entsorgen. Frankreich ist das erste Land weltweit, das die Lebensmittelverschwendung offiziell unter Strafe gestellt hat. Pro Vergehen droht eine Geldstrafe von 3.750 Euro, so ein Bericht der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahre 2019. Die Bilanz zeigte schon damals, dass die Tafeln in Frankreich dadurch deutlich mehr Essen erhielten.

In Deutschland sieht der Umgang mit der Lebensmittelentsorgung und dem weiterhin strafbaren "Containern" dagegen anders aus. Zwei Studentinnen wurden 2018 ebenfalls bei der Entwendung von weggeworfenen Lebensmitteln erwischt und daraufhin in zwei Instanzen schuldig gesprochen. Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck verurteilte sie zu einer Geldbuße von je 225 Euro auf Bewährung.

Im Jahre 2020 informierte das Bundesverfassungsgericht über die "Erfolglose Verfassungsbeschwerde bei einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen "Containern".

Jesuitenpater Jörg Alt möchte zudem mit seiner Aktion auch auf die Überproduktion von Lebensmitteln hinweisen. Energie, Wasser und andere Rohstoffe würden laut Alt verschwendet, um Lebensmittel zu produzieren, die dann im Müll landen. "Das heizt den Klimawandel weiter an, trägt zum Artensterben bei und zerstört unsere natürlichen Ressourcen", so sein Blick auf die Thematik.

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