Steinmeiers Weihnachtsrede: "Müssen uns auch nach der Pandemie noch in die Augen schauen können"

In seiner Weihnachtsansprache dankt Bundespräsident Steinmeier der "großen, oft stillen Mehrheit", die sich in der Corona-Krise verantwortungsvoll verhalte. Nicht alle müssten einer Meinung sein. Doch er fragt, ob Freiheit im lauten Protest bestehe oder im Schutz der anderen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat angesichts der Belastungen der Gesellschaft durch die anhaltende Corona-Krise zum Zusammenhalt aufgerufen. In seiner Weihnachtsansprache (Ausstrahlung am 25. Dezember um 19 Uhr) betonte er:

"In der Demokratie müssen wir nicht alle einer Meinung sein. Aber bitte denken wir daran: Wir sind ein Land! Wir müssen uns auch nach der Pandemie noch in die Augen schauen können. Und wir wollen auch nach der Pandemie noch miteinander leben."

Natürlich gebe es Streit, Unsicherheiten und Ängste. Diese auszusprechen, daran werde niemand gehindert, sagte der Bundespräsident. Entscheidend sie, "wie wir darüber sprechen – in der Familie, im Freundeskreis, in der Öffentlichkeit".

"Wir spüren: Nach zwei Jahren macht sich Frust breit, Gereiztheit, Entfremdung und leider auch offene Aggression."

Insbesondere bedankte sich Steinmeier bei der "großen, oft stillen Mehrheit", die seit Monaten umsichtig und verantwortungsvoll handele, und appellierte an die Verantwortung des Einzelnen: "Der Staat kann sich nicht für uns die Schutzmaske aufsetzen, er kann sich auch nicht für uns impfen lassen. Nein, es kommt auf uns an, auf jeden Einzelnen!"

Die Gesellschaft muss sich seiner Ansicht nach neu darüber verständigen, was Vertrauen, Freiheit und Verantwortung bedeuten. Er fragte:

"Ist Freiheit der laute Protest gegen jede Vorschrift? Oder bedeutet Freiheit manchmal nicht auch, mich selbst einzuschränken, um die Freiheit anderer zu schützen?"

In diesem Zusammenhang blickte Steinmeier über Corona hinaus auf das Thema Klimaschutz. Dort werde "es nicht nur die eine richtige Antwort geben, die alle überzeugt". Man werde sich immer "neu verständigen müssen". Er ist sich aber sicher: "Wir können uns verständigen."

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(rt/dpa)