Von Kaspar Sachse
Die AfD hat im Bundestag wenig zu lachen. Bei der Konstituierung der Fachausschüsse am Mittwoch fielen bereits am Nachmittag in zwei Gremien ihre Kandidaten für den Vorsitz durch. Im Gesundheitsausschuss wurde der AfD-Abgeordnete Jörg Schneider nicht ins Amt gewählt. Im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ereilte Dietmar Friedhoff das gleiche Schicksal, wie die Welt berichtet.
Kurz darauf wurde auch im Innenausschuss in geheimer Wahl der von der AfD nominierte Vorsitzkandidat Martin Hess aus Baden-Württemberg abgelehnt. Alle drei Gremien werden nun bis auf Weiteres von den jeweiligen stellvertretenden Vorsitzenden geleitet, auf die sich die Ausschussmitglieder nach der Ablehnung der AfD-Vorsitzkandidaten verständigten. Sofort stellt sich die Frage, was die 4.695.611 Erst- und 4.803.902 Zweitstimmen der Wähler zum 20. Deutschen Bundestag überhaupt noch wert sind.
Völlig zu Recht sieht AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla in dieser öffentlichen Ausbootung "nicht nur einen Bruch mit den parlamentarischen Traditionen, sondern ein fatales Signal auch für die demokratische Kultur in diesem Lande". Das Ansinnen der AfD, drei Ausschussvorsitzende zu stellen, ergebe sich "aus dem Ergebnis einer demokratisch durchgeführten Bundestagswahl" – und das hatte bis zum Einzug der AfD 2017 immer Bestand. SPD-Fraktionsvize Gabriela Heinrich sagte über die Wahl im Entwicklungsausschuss, diese sei eine demokratische Entscheidung und "eine Gewissensentscheidung" gewesen.
In die gleiche Richtung argumentiert Linken-Politikerin Petra Pau, die den Innenausschuss kommissarisch fortan leiten wird: "Die Ergebnisse sind zu akzeptieren." Sie werde das Amt "solange es notwendig ist, völlig überparteilich ausführen".
Also wieder die komplette Legislaturperiode? Denn bereits zwischen 2017 und 2021 war auch kein AfD-Vertreter ins Präsidium des Bundestags gewählt worden – genau wie in der frisch konstituierten "Volksvertretung".
Besonders auf die Spitze trieb die Ausgrenzung die FDP, die bis vor ihren Auftritt als Regierungsfraktion noch die meisten Überschneidungen mit den "Schmuddelkinder[n] der Republik" – so die FAZ am Donnerstag über die AfD-Bundestagsabgeordneten – hatte. Doch seit der Mitgliedschaft in der Ampel-Regierung sei man eine "Kraft der Mitte, und deshalb gehören wir in die Mitte des Plenums", so FDP-Parlamentsgeschäftsführer Johannes Vogel.
Der Bundestag beschloss am Donnerstag – gegen die Stimmen der CDU – eine Umsetzung. Nun sitzt die FDP neben den Grünen. Und da passt sie mittlerweile auch gut hin. Spannend bleibt dagegen die Frage, wie sich eine nun ebenfalls ausgebootete CDU in der Opposition Seite an Seite mit den "Schmuddelkindern" vertragen wird. Doch so oder so: Richtige Oppositionsarbeit müssen die Christdemokraten, im Gegensatz zur AfD, erst noch lernen – wie AfD-Co-Chefin Alice Weidel am Mittwoch wieder einmal eindrucksvoll bewies.
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