Nach Angaben des neuen Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) könnte es im ersten Quartal 2022 zu einem Impfstoffmangel in der Bundesrepublik kommen. Am Dienstagabend erklärte er in den ARD-Tagesthemen, dass man zu wenig Impfstoff habe. Dies habe "viele überrascht – mich auch", so Lauterbach. Der Gesundheitsminister hatte bereits vergangene Woche eine Inventur über die Impfstoffmengen angekündigt. Das Ergebnis: Die Reserven und Bestellungen für Januar bis März 2022 werden wohl nicht ausreichen. Die Mengen reichten demnach nicht für die "Booster-Impfkampagne". Konkrete Zahlen nannte Lauterbach allerdings nicht. Derzeit arbeite er an einer Lösung. Dazu nutze man auch die Kanäle, "die man direkt zu den Unternehmen habe."
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) übte nun scharfe Kritik an Lauterbachs Vorgänger Jens Spahn (CDU). Im ZDF-Morgenmagazin erklärte er, die Nachricht Lauterbachs, dass für das nächste Jahr zu wenig Impfstoff zur Verfügung stehe, sei "schwer irritierend". Da habe die Vorgängeradministration im Gesundheitsministerium offenbar "nicht klar Schiff gemacht". Dies müsse nun die neue Bundesregierung leisten. Man versuche, dies in den Griff zu bekommen. Nach Heils Aussage mache dies sein Parteikollege Lauterbach jedoch nicht nur kommunikativ, sondern auch organisatorisch "viel besser".
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zeigte sich irritiert darüber, dass Anfang des Jahres 2022 möglicherweise weniger Impfstoff als geplant vorhanden sein könnte. Gegenüber ntv erklärte er, dass Spahn sich erklären müsse, wie das eigentlich angehen kann, nachdem er wochenlang etwa anderes behauptet hat. Die Auswirkungen dieser Situation auf die geplante Impfpflicht bleiben derzeit noch abzuwarten. Es sei offensichtlich, dass man eine Impfpflicht nur dann einführen könne, wenn auch genug Impfstoff vorhanden sei, sagte Weil.
"Eine Impfpflicht setzt voraus, dass genug Impfstoff da ist. Dann macht sie aus meiner Sicht auch Sinn. Ist aber diese Voraussetzung nicht gegeben, dann ist auch im Grunde genommen die Möglichkeit gar nicht vorhanden."
Daher werde man erst einmal die Frage der Impfstoffversorgung klären müssen, bevor man über weitere politische Maßnahmen entscheide.
Von Seiten der CDU wies man die Vorwürfe unterdessen entschieden zurück: In einem Brief, der an die Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion versandt wurde und der Welt vorliegt, ist die Rede von einem "durchsichtigen politischen Manöver, um die SPD von der Großen Koalition abzusetzen und mit einer Kampagne gegen uns zu starten." Weiter heißt es:
"Lauterbach ruft Feuer!, um Feuerwehr zu spielen – obwohl es nicht brennt."
Mit den erfolgten und geplanten Impfstoff-Lieferungen stünden demnach 10 Millionen Dosen des BioNTech/Pfizer-Impfstoffs und 40 Millionen Dosen Moderna für Drittimpfungen zur Verfügung. Zudem könnten laut Vertragsoptionen mit den Herstellern die festgelegte Menge von 80 Millionen Dosen BioNTech/Pfizer für das kommende Jahr verdoppelt werden.
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